Das Zenith ist für den Abend des 30. März schon lange ausverkauft. Der Grund: AnnenMayKantereit treten seit langer Zeit wieder in München auf (die Clubshow im Februar vernachlässigen wir dabei einmal). Gleich an zwei Abenden hintereinander füllen sie das Zenith. Die Band aus Köln ist mit Straßenmusik berühmt geworden. Ihr erstes Album „Alles nix konkretes“ von 2016 konnte große Erfolge feiern. Mit Schlagschatten knüpfen sie nun da an, wo sie aufgehört haben: Bei vielen Gefühlen, Intimität und Zwischenmenschlichem. Doch auch AnnenMayKantereit sind älter geworden. Man spürt mehr Lebenserfahrung in den neuen Liedern. Aus dem Rahmen fällt der Song „Weiße Wand“, in dem die Band zum ersten Mal politische Töne anschlägt. Seit Ende Januar sind die Künstler mit ihrem neuen Album in Deutschland, Österreich und der Schweiz unterwegs.
Bereits kurz vor 20 Uhr startet die Vorband Gurr ihr Set. Die zwei Musikerinnen Andreya Casablanca und Laure Lee aus Berlin sind keine Unbekannten in der deutschen Musikszene. Sie durften bereits Kraftklub als Vorband begleiten und 2018 bei Rock im Park und Rock am Ring auftreten. Auch international konnten die zwei Künstlerinnen bereits überzeugen und traten unter anderem auf dem renommierten Musik- und Filmfestival SXSW in Austin, Texas auf. Als Vorband für AnnenMayKantereit haben sie allerdings kein leichtes Los gezogen. Das Publikum ist nicht leicht zu überzeugen und wirkliche Begeisterung will sich während des gesamten Auftritts nicht so recht einstellen. Das ist schade, da Gurr musikalisch eine musikalisch sehr überzeugende Leistung abliefert. Ihre Songs bestehen aus rockigen Gitarrenklängen, Pop-Refrains und sind voller Energie. Hier und da wird getanzt und gejubelt, aber gemessen an der Größe der Halle fällt der Applaus doch recht verhalten aus. Mit ihrem Indie-Punk-Rock treffen sie größtenteils nicht den Geschmack des Publikums. Trotzdem geben sie auf der Bühne alles und zeigen ihre Leidenschaft dafür auf der Bühne zu stehen. Nach einer halben Stunde beenden die zwei Musikerinnen mit ihrem Song „In My Head“ ihr Set.
Setlist: Walnuss / Computer Love / Moby Dick / She Says / Unbekannter Titel / Hot Summer / Zu spät / Rollerskate / In My Head
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Um 21 Uhr verdunkelt sich die Bühne und kurze Zeit später stehen die vier Jungs von AnnenMayKantereit auf der Bühne und stimmen unter lautem Gekreische der Fans die ersten Töne zu „Marie“ an. Als Zuschauer merkt man schnell, dass diese vier Musiker ihr Handwerk verstehen und mit großer Leidenschaft für die Musik auf der Bühne stehen. Auch ihre alten Songs spielen sie mit Hingabe und tanzen gut gelaunt über die Bühne. Die Fans danken es ihnen mit absoluter Begeisterung. Bei jedem Lied wird gejubelt und textsicher mitgesungen.
Bei ihrem fünften Song „Du bist anders“ öffnet sich der Vorhang hinter der Band und gibt den Blick auf hunderte Seiten Papier frei. Diese sind in Reihen versetzt zueinander aufgehängt und ergeben ein Rechteck, das als Projektionsfläche für die Lichtshow genutzt wird. So fungiert die Installation beim Song „Weiße Wand“ als leuchtende weiße Fläche, während sie bei „Alle Fragen“ das Video einer Landschaft zeigt. Auch die Sänger werden gefilmt und auf die Fläche aus Papier projiziert. Ein sehr schöner und stimmungsvoller Effekt, vor allem weil sich die Papierseiten dynamisch im Luftzug bewegen.
Während Bassist Malte Huck sehr in sein Spiel vertieft ist, kommen die Ansagen während des Konzerts vor allem von Sänger Henning May, Schlagzeuger Severin Kantereit und Gitarrist Christopher Annen. Dabei sticht vor allem Severin Kantereit hervor, der als Entertainer der Band fungiert. Er schwingt das Tamburin, spielt Bongos und benutzt für „Vielleicht Vielleicht“ einen Koffer als Schlagzeug. Ein Highlight des Abends ist auch Trompeter Ferdinand Schwarz, der die Band schon seit Jahren begleitet und mit seinem Trompetenspiel einigen Songs eine weitere musikalische Ebene hinzufügt.
Die Grundstimmung der Songs überträgt sich unweigerlich auf die Zuhörer. Man spürt regelrecht den Liebeskummer in „Barfuß am Klavier“ und den Verlust in „Sieben Jahre“. Dies liegt sicher auch an Henning May, der jedes Lied mit seiner besonderen Stimme unverwechselbar macht. So vergeht das Konzert wie im Flug und nach „Pocahontas“, eines der Höhepunkte an Stimmung des Abends, verlassen die Musiker das erste Mal die Bühne. Für zwei Zugaben mit insgesamt vier Songs kommen die Musiker zurück ins Scheinwerferlicht. Dabei performen sie auch ihren neusten Song „Ozean“ mitten in der Konzerthalle. Mit „Ich geh heut nicht mehr tanzen“ verabschieden sich die AnnenMayKantereit nach etwa 90 Minuten von ihren Fans. Ein gelungener Auftritt, bei dem die Leidenschaft der Band für Musik deutlich wurde.
Setlist: Marie /Nur wegen dir / Wohin Du gehst / Es geht mir gut / Du bist anders / Schon krass / Weiße Wand / Nicht Nichts/ Alle Fragen / Hinter klugen Sätzen / Sieben Jahre / Vielleicht Vielleicht / Freitagabend / 21, 22, 23 / Jenny Jenny / Pocahontas – Zugabe 1: Barfuß am Klavier / Ozean / Oft gefragt – Zugabe 2: Ich geh heut nicht mehr tanzen
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Bericht: Franzsika Lange
Fotos: Jule Haer (vom Folgetag am 31. März)