Das 8Below Bergfest ist eine wöchentliche Konzertreihe, die 2009 ins Leben gerufen wurde und seither jungen und lokalen Bands sowie musikalischen Künstlern aller Genres vorrangig aus München eine Möglichkeit gibt, sich zu präsentieren. In der Underground-Szene hat sich das Bergfest in den letzten 8 Jahren mit konstant besser werdendem Sound, Equipment und Team langsam aber sicher zu einer Institution für das kennenlernen neuer Bands mit viel wiederkehrendem und unabhängigem Publikum manifestiert.
Dieses Mal haben wir schwedische Stargäste in der Stadt! Gain Eleven sind die Sieger des Emergenza-Contest von letztem Jahr und beehren uns auf ihrer Eurpoatour im 8Below bei einem Bergfest Spezial. Für einen Montag Abend war ziemlich viel los, aber haben die Bands dafür auch geliefert?
Nach einem kurzen Intro, das mich an „Misty Mountains“ (feat. Thorin & Balin) erinnert, und einem entspannten „Hallo“ geht es auch schon los. Mit was genau? Schwer zu sagen. Braindead Wavelenth versuchen, Grunge, Groove-Metal, Sabbath-Einfluss und eine gewisse Psycho-Attitüde zu kombinieren, kommen dabei aber leider nicht ganz auf einen grünen Zweig, da die Stimmungen zu krass brechen und kein richtiges Feeling in der Musik aufkommt. Das merkt man auch an den einzelnen Musikern in der Band, die kaum den Anschein machten, wirklich gut zusammenzupassen. Die einzelnen Parts rocken auf jeden Fall, allerdings wird ihnen viel zu wenig Vocal-Arbeit gegeben: Einerseits zu viele und zu lange intrumentale Parts, ohne Interludes zu sein, andererseits eine coole Stimme mit Akzent und schicken Effekten, was viel Abwechslung in die Sache bringt. Hm. Kann man das nicht irgendwie verbinden…?
Das alles ist ja wirklich subjektiv, viele Leute stehen schließlich auf Chaos und überraschende Brainstorm-Musik. Aber was mich wirklich gestört hat, ist der Auftritt an sich. Diese Performance hätte so haargenau an einem Mittwoch Nachmittag nach der Arbeit im Proberaum stattfinden können, ohne störendes Publikum. Sehr sehr schade eigentlich, da die Show dadurch leider für alle, die keine primären Fans des Grunge sind, keinen Unterhaltungswert hatte. Bis auf den Drummer, der sich nach der halben Show das Shirt ausgezogen hat.
Die letzten drei Bergfeste haben mir gezeigt, dass in München wahnsinnig viel Potential steckt. Leider wird das von den Münchner Locals nur im Musikalischen ausgenutzt. Die Shows, die Selbstdarstellung, ja, selbst die Begeisterung und die Überzeugung von der eigenen Musik, fehlt mir oft.
Zum Glück kommen Raygun Rebels aus Bad Aibling und rocken an einem Montag Abend das 8-Below kaputt! Der Charm der 80er und der kraftvolle Sound haben mir spontan 5 Zentimeter Brustbehaarung wachsen lassen. Der Glam/Rock’n’Roll-Style der Musiker auf der Bühne macht richtig was her und wird von der energiegeladenen Performance und den großartigen Songs in Kiss, Aerosmith oder Motley Crue-Manier nicht nur untermauert, sondern in Carbonit eingefroren.
Eine Auszeichnung für Innovation gibt es zwar auf keinen Fall, hier geht es aber zu 100% um die Liveshow, Spaß und darum, seinen Idolen ein Stückchen näher zu sein. 10/10 ist es aber leider auch nicht, da die Mitsing-Aktionen teilweise viel zu langatmig sind und der Sänger durch seine Moves locker 20 Jahre älter wirkte, als er eigentlich ist. Nichtsdestotrotz eine sehr überzeugende Performance, die ich mir jederzeit wieder anschauen würde.
Was soll ich sagen… Die Weltsieger vom Emergenza-Contest 2016; Gain Eleven ist quasi der Olymp der Underground-Musik. Das Songwriting ist differenziert und großartig, der technische Skill lässt sich bei vielen vielen anderen Bands vermissen, die Performance reisst mit und regt an, der Style ist authentisch und cool, die Vocals sind irgendwo zwischen Dave Grohl und Adam Grahn.
À propos Adam Grahn: Ich musste während der ganzen Show an Royal Republic denken. Nicht nur, dass sie aus dem selben Land kommen, nein, sie machen auch noch fast den gleichen Stil. Das soll keinesfalls heißen, dass ihre Musik abgekupfert ist, sondern dass es meines Erachtens ein Qualitätsmerkmal ist, denn nicht viele Bands machen sowohl live als auch auf Platte so viel Spaß!
Viel zu kritisieren bleibt mir nicht wirklich. Der Sänger von Gain Eleven sieht tatsächlich nur auf den Promofotos wie ein Sexualstraftäter aus (ich würde sogar fast mal ein Eis mit ihm essen gehen, die geile Sau!); lediglich die Koteletten im Gesicht vom Bassisten find ich leider überhaupt nicht passend. Und wenn das das Schlimmste ist, was ich über diese Band sagen kann, dann haben sie den Emergenza-Contest letztes Jahr absolut verdient gewonnen. Diese Band müsst ihr euch anhören, egal welche Musik ihr mögt.
Am Donnerstag, den 1.6., gibt es ein letztes Bergfest vor der Sommerpause!
Naked Hazelbeard präsentieren ihr neues Album „No Borders“, Support sind Stefan Rauch & die Noisepollution sowie The Curl. Also packt schonmal euren Whiskey aus, Southern Rock ist in der Stadt! See ya!
Nachwort:
Das hier ist keine ernsthafte Kritik, sondern eher ein subjektiver Bericht von mir als regelmäßiger Besucher von kleinen und lokalen Konzerten. Genau wie die meisten in dieser Rubrik behandelten Bands bin ich kein Musikprofessor, Jesus und/oder Batman; Allerdings versuche ich meine Eindrücke nachvollziehbar und objektgerecht darzustellen.
Ich selbst war und bin Sänger in mehreren Metal- und Hardcorebands und wirke dadurch eventuell manchmal voreingenommen, allerdings liegen meine musikalischen Interessen sehr breit gefächert: Von anspruchsvollem Pop bis Hardstyle, von Filmmusik bis Grindcore. Wie schon erwähnt bin ich kein Profi in Irgendwas, ich schreibe legendlich gerne und genau über das Bergfest existiert meiner Meinung nach viel zu wenig im Netz.
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