Ein echter Fan zu sein, das bedeutet, für jemanden oder etwas eine ganz besondere Leidenschaft an den Tag zu legen und eine emotionale Bindung aufzubauen. Das Objekt seiner Begierden einmal ganz nah erleben zu können, stellt für echte Fans also die Realisierung ihrer tiefsten Träume und Wünsche dar. Und für viele wird der Abend in der Muffathalle an diesem 29. Januar 2023 genau dies gewesen sein – eine echte Offenbarung. Die koreanische Pop/Rock-Band The Rose war zum ersten Mal in München auf ihrer HEAL TOGETHER-Welttournee.
Mit ihrem Soft-Rock-Hit Sorry debütierten Lee Hajoon, Kim Woosung, Park Dojoon, and Lee Jaehyung bereits 2017, mussten sich jedoch kurz darauf im Jahre 2019 schon wieder trennen, als es Zeit für den obligatorischen zweijährigen Militärdienst einiger Mitglieder wurde. Die damalige Auflösung der Band, ohne das Wissen um eine künftige Wiedervereinigung, traf die vornehmlich junge und weibliche Fandom, die Black Rose genannt wird, tief. Um diese Wunde zu schließen und eigene persönliche Erlebnisse der Zeit zu verarbeiten, veröffentliche The Rose ihr neues Album HEAL, das unter dem Motto Musik heilt steht. Mit diesem Motto, den Songs ihres neuen Albums, aber auch den Klassikern aus der Anfangszeit tourt The Rose derzeit und begeistert ihre Fans mit vielen kleinen und intimen Konzerten rund um die Welt.
Um bei der Metapher zu bleiben, reißt The Rose das sprichwörtliche Pflaster zu Beginn des Auftritts gleich ganz schnell ab und legt um 20:20 Uhr ohne Vorband direkt mit den beruhigenden Tönen von Insomnia los. Weitere Songs des neuen Albums, das die neuen Black Roses auf die Spuren dieser Nischen-Band brachte, aber auch ein paar ganz besondere Überraschungshits aus den Anfängen der Band, werden für die alteingesessenen Fans gespielt, wie die Ballade I.L.Y, die ganz tief ins Herz geht, oder Sorry, der Song, der von Woosung als Wurzel der Rose bezeichnet wird. Unvergleichlich wird der Sound dieser Band durch den sehr auffälligen und einzigartigen Klang von Woosungs Stimme. Sein heavy vibrato style – die wiederkehrende Nutzung des Zitterns der Stimme – hat absoluten Wiedererkennungswert und wird von ihm zumeist in den letzten Tönen eines Verses eingesetzt. Live erhält diese Besonderheit noch eine ganz andere Dimension, ist aber tatsächlich eine „love it or hate it“ Sache, bei der man wenig objektiv sein kann.
Ganz in neuerer Woosung–Manier, die man auch auf den Sozialen Medien beobachten kann, erfreut der englischsprachige Lead-Sänger und E-Gitarrist aus Los Angeles, der auch Solo einigen Erfolg zu verzeichnen hat, das Publikum zwischendurch mit kleinen Anekdoten zu einzelnen Liedern, ihrer Tour und persönlichen Geschichten. Der stillere Jaehyung, Bassist und Sänger der Gruppe, strahlt mit seinem guten Aussehen und bewegt die Fans zur Halbzeit der Aufführung mit seiner Geschichte zu der Entstehung des Liedes See-Saw, das seinen ganz persönlichen Heilungsweg angestoßen hat, als er den ersten Vers verfasste. Der Drummer der Gruppe, Hajoon, der schon seit früher Kindheit Schlagzeug spielt, überzeugte an diesem Abend mit klaren Klängen und einem kurzen Zwischenspiel am Keyboard, wo er den, das Publikum anheizenden und überaus sympathisch-aufgedrehten Main Vocalist, Keyboarder und Gitarristen Dojoon ablöste.
Mit richtig rockigen Klängen von E-Guitarren-Soli, die zum Headbangen verleiten, bis zu sanften melodischen Balladen, bei denen man sich einfach hin und her wiegen muss, ist alles dabei an diesem Sonntagabend. Diese Jungs dürfen gerne wieder nach München kommen – womöglich auch sehr bald. Jedenfalls verabschieden sie sich mit einem We will come back very soon, als sie nach „Zugabe-Rufen“ für einen weiteren Song und ein Selfie mit den Fans wieder auf die Bühne kommen. Es bleibt nur zu hoffen, dass The Rose dieses Versprechen zu gegebener Zeit wahr macht, denn die deutschen Black Roses hungern bereits jetzt nach einem Wiedersehen.
Setlist: Insomnia / Definition of ugly is / She´s in the Rain / Modern Life / California / I don´t know you / Candy / RED / See-Saw / Childhood / I.L.Y. / Shift / Time / Yes / Sorry / Beauty and the Beast / Cure / Sour
Bericht: Catarina Silva Ruther