Vier Jahre, eine sehr lange Corona-Pause also, ist es her, dass Saxon zuletzt in München aufgespielt haben. Umso mehr wurde es mal wieder Zeit für echten, klassischen und englischen Heavy Metal, welcher am Freitag, dem 7. Oktober 2022 mehr als ausreichend in der Muffathalle bedient wurde. Schließlich handelt es sich bei beiden Bands um echte 70er-Urgesteine, beide sind Teil der „New Wave of British Heavy Metal“ und beide zeigen sich auch nach 50 Jahren zumindest noch halbwegs in Form.
Pünktlich um acht beginnt auch schon Diamond Head, welche gleich mit Songs wie „In The Heat Of The Night“ und „ Am I Evil?“ ordentlich Stimmung machen und vor allem Lust auf das, was kommt. Der Band kommt zu Gute, dass sie mit Rasmus Bom Anders, mit seinen im Vergleich zu den anderen Mitgliedern noch mehr als frischen 38 Jahren, 2014 einen neuen Leadsänger bekamen. Das ist natürlich nicht immer ein Grund zur Freude, aber Anders schafft es dadurch problemlos, eine großartige Show zu inszenieren. Das wichtigste bei einer Show, welche ohne große Effekte aufwartet, ist natürlich immer das Charisma und die Performance, die die Band zu bieten hat, und Anders schafft es problemlos, das etwas kraftlose Verhalten seiner Bandmitglieder auszugleichen (Insbesondere Schlagzeuger Karl Wilcox tut einem manchmal schon fast leid und es wirkt teilweise, als stünde er fast vor dem Kollaps). Trotz allem kann Diamond Head mit einer Menge Dampf beeindrucken, bringt die Zuschauer zum Mitsingen und Headbangen und hyped ordentlich für den Hauptact. Nach einer halben Stunde ist es aber auch schon vorbei und das nun umso aufgeregtere Warten auf die Metal-Legenden beginnt.
Setlist: The Prince / Bones / The Messenger / In The Heat Of The Night / Lightning To The Nations / It’s Electric / Helpless / Am I Evil?
Gleich zu Anfang muss man sagen: Auch Saxon merkt man das Alter langsam an. Aber das ist kein Wunder, zudem es Leadsänger Biff Byford auch mit seinen inzwischen 71 Jahren noch schafft, das Publikum zu bewegen: Eine nicht zu unterschätzende Leistung, auch wenn man merkt, dass manchmal schneller die Puste ausgeht. Dabei kommt der Band eindeutig der Erfolg ihrer neuen Platte „Carpe Diem“ zugute, welche wieder mit einem echten, klassischen Metal-Sound aufwartet und von welcher es auf der gleichnamigen Tour auch ordentlich was zu hören gibt. Saxon beginnt gleich mit dem namensgebenden Song: „Carpe Diem“ ist ein toller Song, den es in der Muffathalle auch mit erstklassigem Sound zu hören gibt. Die Hymne schallt durch den Raum, Byford holt quasi problemlos alles raus und zeigt dem Publikum direkt, was Sache ist: Es wird laut, es wird hart und es wird episch.
Insgesamt gibt es noch fünf andere Lieder vom neuen Album zu hören, welche sich aber qualitativ etwas unterscheiden: Während Songs wie „Living on the Limit“ noch ordentlich Druck haben und gut knallen, sind Lieder wie „Dambuster“ und „Age of Steam“ zwar qualitativ hochwertige Songs, welche auch gut präsentiert werden, aber es kommt einem teilweise wie zu viel vom selben vor, was auf Dauer etwas ermüdend wirkt. Zum Glück sind diese Lieder aber nicht alles, was Saxon zu bieten hat: Das Konzert wartete auch mit vielen Klassikern auf, wie dem extrem Stimmungsvollen „Dallas 1 PM“ und „Heavy Metal Thunder“, welcher ein fieser Ohrwurm ist und definitiv eines der Highlights der Show. Grundsätzlich ist die Setlist gut ausgearbeitet; auf die harten Songs kommen immer wieder, für Metal-Verhältnisse, leichte Dinger wie „The Thin Red Line“ oder „Broken Heroes“, welche die Fans aber ebenso abholen.
Man muss auf jeden Fall noch festhalten: Ein Highlight der Show ist definitiv Urgestein und Bassist Nibbs Carter, welcher eindeutig viele Blicke auf sich zieht, denn während Byford meistens nur ein wenig über die Bühne läuft, gibt Carter alles: Er springt, headbanged und rennt sich durch die Show, als wäre er noch in den Jugendjahren, und verleiht damit dem ganzen Konzert deutlich mehr Wucht und Energie, welche ohne ihn wohl passagenweise gefehlt hätte. Denn auch wenn Saxon nach wie vor musikalisch eine tolle Show abliefert, wirkt die ganze Gruppe teilweise doch etwas energielos. Umso beeindruckender ist das Ende: Bei „Denim And Leather“ und „Princess Of The Night“, welche beide als letzte Zugaben gespielt werden, kann sich dann wirklich keiner mehr halten, der ganze Saal dröhnt förmlich, und somit kann das Konzert doch noch zu einem mehr als gelungenen Abschluss gebracht werden. Winkend verlässt die Band die Bühne, hoffentlich nicht zum letzten Mal.
Setlist: Carpe Diem (Seize The Day) / Sacrifice / Age Of Steam / I’ve Got To Rock (To Stay Alive) / Dambusters / The Thin Red Line / Living On The Limit / Dallas 1 PM / Heavy Metal Thunder / Broken Heroes / Black Is The Night / Metalhead / And The Bands Played On / Wheels Of Steel – Zugaben 1: The Pilgrimage / 747 (Strangers In The Night) / Solid Ball Rock – Zugaben 2: Denim And Leather / Princess Of The Night
Bericht: Cedric Lipsdorf