Oft passiert es nicht, aber dieses Mal war es so, dass man sie spüren konnte, die Vorfreude. Einige Zeit war verstrichen, ganze zwei Jahre ist es her, dass Die Apokalyptischen Reiter das letzte Mal in München waren, damals im Herbst 2015 als Headliner der Heidenfest-Tournee. Nun, nach der selbstverordneten Pause, kehren sie mit neuem Album und einer Riesenportion neuer Energie zurück. „Der Rote Reiter“ heißt das Werk, welches sie auf ihrer Tour auch am 10. November 2017 im Backstage Werk vorstellten. Als Support dabei waren Motorowl. Der Einlass begann zwar etwas verspätet, aber zügig, die Halle füllte sich nach und nach und es zeichnete sich, wie es später sichtbar wurde, ein sehr ordentlich gefülltes Werk ab.
Als wäre ein Gong um 20 Uhr ertönt, betraten Motorowl ohne großes Tamtam die Bühne und starteten unbeirrt ihren ersten Song. Zugegeben, die Musik, die da kam, dürfte doch den ein oder anderen überrascht haben, denn es wurde astreiner Symphonic Doom Metal mit ordentlichen Rock-Riffs und hohem Gesang dargeboten. Der starke Fokus auf Gitarre und Gesang lässt zwar das sehr coole Keyboard ein wenig in den Hintergrund rücken, nichtsdestotrotz kam das Zusammenspiel bei Songs wie „The Highest City“ sehr schön zum Vorschein. Obwohl die Jungs auf der Bühne sprichwörtlich alles geben und übermotiviert sich ins Zeug legen, scheint das Münchner Publikum ziemlich desinteressiert an der zwar etwas anderen, aber durchaus handwerklich tadellosen Musik. Wahrscheinlich war die Musik, vor allem im Vergleich zu den stark thrashigen Reitern, nicht schnell und hart genug, nichtsdestotrotz wurde der überzeugende Auftritt mit Applaus und überraschenderweise einigen Zugabe-Rufen nach knapp 50 Minuten beendet.
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Verhältnismäßig lang sollte dann die folgende Pause dauern, denn es wurde lediglich das Set der Vorband abgebaut und das Bühnen-Setting der Headliner enthüllt. Um 21:20 Uhr ertönte dann endlich das Intro von Die Apokalyptischen Reiter und die Herren eroberten die Bühne mit dem zu erwartetem Opener „Wir sind zurück“ der neuen Platte. Sofort hinterher wurden die Hits „Es wird schlimmer“ und „Der Adler“ geworfen, was die Stimmung auf ein Maximum brachte und für ordentliche Moshpits in der Arena sorgte. Nicht nur die lautstarken Jubelschreie des Publikums stiegen, auch die Temperatur, denn bereits nach den ersten Liedern waren die meisten Zuschauer durchnässt, auch wenn sich größtenteils kaum bewegt wurde. Ein gutes Zeichen.
Das Bühnen-Setting, welches beim Support noch mit schwarzen Tüchern verdeckt wurde, gestaltet sich simpel, aber mit kleinen Effekten sehr eindrucksvoll. Eine mit Blutspritzern bedeckte, weiße Holzloch-Konstruktion zog sich über die gesamte Bühne, auch das Keyboard, welches von Dr. Pest bespielt wird, war an der Fassade weiß und blutüberzogen. Der große Moment dabei: im ruhigen Part des Liedes „Der Rote Reiter“ wurde sichtbar, dass die „Blutflecken“ unter Schwarzlicht leuchten. In dieser sehr stylischen Optik wurden auch „Geopfert“, „The Fire“ und das brachiale „Hört mich an“ gespielt, was einen gänzlich fantastischen Effekt bot. Ebenso brannte bei einem Lied die vordere Fassade des Keyboards durch eine clevere Stahlkonstruktion – ein sehr cooler Moment.
Die Setlist, und das muss unbedingt extra betont werden, wurde rasend schnell abgespielt und steigerte die Stimmung massiv, denn bei einer Band wie den Reitern, die es seit über 20 Jahren gibt und die in all den Jahren nie untätig waren, neue Musik zu erschaffen, kann man nicht wirklich von einem „Mix aus alten und neuen Hits“ sprechen – denn alt ist so gesehen sicherlich auch schon „Revolution“ (2006) und „Auf die Liebe“ (2008). Tatsächlich wurden aber dieses Mal eine satte Anzahl von WIRKLICH alten Liedern ausgewählt, wie u.a. „The Smell Of Death“ (1999) und „Du kleiner Wicht“ (2003). Natürlich gab es auch eine ordentliche Anzahl von neuen Stücken, die sich, dank der angestiegenen Härte, sehr gut ins Set fügten. Lieder aus dem Vorgänger-Album „Tief“ fehlten dabei komplett – der Fokus liegt vollkommen auf einem schnellen, harten Metal-Konzert.
Nach dem akustischen „We Will Never Die“ verabschieden sich die Musiker, um danach ganze drei (!) Mal wiederzukommen. Während im ersten Zugabenblock noch u.a. „Ich bin weg“ aus dem neuem Album und das Instrumentalstück „Vom Ende der Welt“, mit Frontmann Fuchs an der zweiten Gitarre, ertönte, gab es das größte Highlight des Abends in Block Nummer 2: „The Great Experience Of Ecstasy“. Dass der Song bereits auf dem Album ein heimlicher Favorit war – keine Frage; aber dass dieses Lied live so eine Wucht mit sich brachte, kam unerwartet, aber unfassbar erfreulich. Bitte, liebe Reiter, falls ihr das hier lest: den Song nicht aus dem Set nehmen! Der knallt mächtig.
Den Abschluss machte, nach jahrelanger Abstinenz in der Liederliste, endlicher wieder einmal „Die Sonne scheint“, wobei das Publikum wohl auch nach rund 100 Minuten und Ende der Show immer noch vor sich hin sang: „Die Sonne scheint mir aus dem Arsch…“
Setlist: Wir sind zurück / Es wird schlimmer / Der Adler / Seemann / Reitermania / Auf und Nieder / Der Rote Reiter / Geopfert / The Fire / Hört mich an / Friede sei mit dir / Du kleiner Wicht / Herz in Flammen / Franz Weiss / Auf die Liebe / We will never die (acoustic) – Zugaben 1: The Smell Of Death / Ich bin weg / Revolution / Vom Ende der Welt – Zugaben 2: The Great Experience Of Ecstasy / Wir reiten – Zugabe 3: Die Sonne scheint
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Fazit: Sie sind wieder in das Backstage Werk eingeritten und haben es vollkommen zerlegt: Was Die Apokalyptischen Reiter für eine wahnsinnig mitreißende und abwechslungsreiche Show dargeboten haben, sucht seinesgleichen! Statt auf ewig lange Ansagen zu setzen, wurde ziemlich strikt ein Set von satten 23 Songs in gerade einmal 100 Minuten durchgekloppt – das Publikum hat dementsprechend mitgemacht und war komplett durchgeschwitzt. Und irgendwie zeigt doch genau das, dass die Band etwas mächtig richtig gemacht hat. Wir freuen uns auf den nächsten Besuch in München!
Bericht: Ludwig Stadler
Fotos: Ronja Bierbaum
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