Die Zeichen stehen auf 3G+! Seit der optionalen Einführung dieser Regel sind Konzerte wieder ohne Abstand und auch ohne Maske möglich. Klingt wie etwas aus einer anderen Zeit? So fühlt es sich auch an, als man in das Backstage Werk schreitet, um Das Lumpenpack, erstmals mit voller Band, live zu sehen. Es ist das erste Wochenende mit dieser Regelung. Für das Stuttgarter Duo wurden die letzten Wochen noch ordentlich Karten verkauft, sodass das Werk sehr gut und die tiefergelegte Arena sogar randvoll gefüllt ist. Eine einstellige Anzahl an Menschen bleibt doch zur Sicherheit der Maske treu, der Rest tanzt ausgelassen zur überraschend rockigen Show.
Den Abend eröffnet Das Ding aus dem Sumpf um 20 Uhr, der sich erst einmal der Moderation und dann dem Hip-Hop verschreibt. Das kommt gut an und lässt die Menge auch mitmachen, wohl auch über die Freude, dass man da eben mitmachen kann. So ganz passend ist es musikalisch aber nicht, wenngleich es auch nichtig ist: da passiert wieder was auf der Bühne! Und nach 30 Minuten ist es vorbei.
Kurz darauf: Das Lumpenpack. Mit „Ford Fiesta“ und ordentlich Karacho starten sie um 20:45 Uhr auf die Bühne und überraschen mit der rockigen Version des Ohrwurms. Allgemein haben sich Max und Jonas viel Zeit genommen, die alten Lieder gemeinsam mit dem „neuen Rest der Band“, wie sie Bass, Keys und Drums augenzwinkernd nennen, umzuschreiben und der E-Gitarre anzupassen. So wartet „Pädagogen“ urplötzlich mit einem tollen Piano-Arrangement auf, während „Buntes Papier“ gegen Ende des Sets aus den Boxen nur so wummert. Der Sound ist kreativ und führt die neue Linie seit dem vergangenen Jahr fort. Das Publikum feiert, jubelt, freut sich und ist sichtlich glücklich, dass da Musik von der Bühne kommt und man dazu ausgelassen tanzen kann. Auch der Moshpit kocht fleißig vor sich hin – den Höhepunkt erreicht er bei den neuen Songs „Immer noch drauf“ (inkl. Wall Of Death) und „HausKindBaum“.
Vor allem textlich sind Das Lumpenpack wohl aber im humorvollen deutschsprachigen Bereich derzeit ungeschlagen. Ironisch, auch reichlich selbstironisch, jagen geniale Textzeilen die nächsten Geniestreiche, die nebst tollen Melodien einfach sehr rundes Songwriting ergeben. Auch die Masse an veröffentlichten Songs überrascht immer wieder, dass die Kreativität schier grenzenlos erscheint. Gewitzt und spontan präsentiert sich das ausgedehnte Duo auch im Backstage mit unzähligen Ansagen und Anekdoten, die zwar manchmal auch ein wenig ausufern und gern mit einem mehr gespielten Song hätten ersetzt werden können, aber insgesamt für ein rund 100-minütiges Entertainment-Paket der Spitzenklasse sorgen. So ein Comeback für echte Konzerte darfs gern öfter geben!
Setlist: Ford Fiesta / Dolce Wohnen / Pädagogen / Warm im Altenheim / Heilpraktiker / Mark / Die Tragödie vom Rest der Band / Guacamole / Zwei / Tauben / Hauch mich mal an / Immer noch drauf / HausKindBaum / Buntes Papier / Die Liebe in Zeiten von Amazon Prime – Zugaben: WZF / Mein Hass
Bericht: Ludwig Stadler