Vorwort:
Das 8Below Bergfest ist eine wöchentliche Konzertreihe, die 2009 ins Leben gerufen wurde und seither jungen und lokalen Bands sowie musikalischen Künstlern aller Genres, vorrangig aus München, eine Möglichkeit gibt, sich zu präsentieren. In der Underground-Szene hat sich das Bergfest in den letzten acht Jahren mit konstant besser werdendem Sound, Equipment und Team langsam aber sicher zu einer Institution für das Kennenlernen neuer Bands mit viel wiederkehrendem und unabhängigem Publikum manifestiert. Was genau dort jede Woche so abgeht, möchte ich in der Rubrik „Undergrounded“ festhalten.
Panic Girl and Jericho
Mit einer entspannten Verspätung von 10 Minuten geht es auch schon los zur neuen Saison im 8-Below. Allerdings kriegt das Publikum das nicht so ganz mit und die ersten 5 Minuten vom Set gehen beinahe als Soundcheck oder Hintergrundbeschallung unter. Im Endeffekt stehen während des ganzen Sets nur die 2 Interpreten auf der Bühne, bedienen Synthesizer und basteln an ihren Instrumenten rum, ohne dass das im Publikum in irgendeiner Form ersichtlich ist. Dabei ist die gebaute Synthesizer-Soundwand sehr athmosphärisch und nimmt den Zuhörer gleich in einen Mix aus Weltraum und träumerischer Unterwasserwelt mit. Die Welt, die die beiden durch ihre Musik aufbauen, verändert sich konstant alle 5 Minuten und somit könnte das Set, das in der Praxis aus nur einer Nummer besteht, in insgesamt 6 verschiedene Tracks aufgeteilt werden, die sich von verschiedenen (hörbaren) Themenbereichen in jeweils einen neuen hinein entwickeln. So ist anfangs noch der Weltraum und der Ozean das Thema, später geht es eher in den Dschungel (inkl. Walgesänge! Ariel/Tarzan-Crossover confirmed), in die Steppe, ins Paradies, dann folgt ein Beat, der eher dem „klassischen“ Minimal folgt, ein Sci-Fi Abenteuer zwischen Utopie und Cyberpunk und zu guter letzt ein Outro, das das Set in seiner Gesamtheit einfängt und dem Besucher des Etablissements ein würdiges Ende bietet. Positiv muss ich zuletzt noch anmerken, dass ich, ohne Kenner des Genres zu sein, zu keinem Zeitpunkt das Gefühl hatte, dass der Track an Fahrt verliert geschweige denn zu eintönig wird. Allerdings ist „Panic Girl and Jericho“ eher etwas für die Ohren und weniger für einen Konzertsaal, denn „Show“ ist quasi nicht vorhanden. Wenn man da noch etwas mit Leinwänden, eventuellen Live-Kameras und Video-Einspielungen arbeitet, dann hätte ich da richtig Bock drauf!
Andromedar
Man war ich verblüfft, als ne Mischung aus Pooh der Bär und dem Kerl von dem „Are You A Wizard“-Meme mit einem abgefahrenen Hut auf dem Kopf und einem hellblauen Bass im Arm auf die Bühne geht und die Ansage macht, dass „Andromedar“ jetzt anfängt. So weit, so gut. Die ersten Sekunden hätte man meinen können, die Band wäre quasi eine Live-Instrumenten-Version von „Panic Girl and Jericho“, allerdings stellt sich doch sehr bald heraus, dass die Band sich in ihrem Elfenbeinturm der Musikwissenschaft sehr gut auskennt und eine musikalisch überzeugende Darbietung von „Funk Fusion“ bietet. Das war meine erste persönliche Berührung mit dem Genre, aber ich muss sagen, dass da eindeutig etwas hängen geblieben ist! Ein bisschen Jazz, ein bisschen Melancholie (ist manchmal ok), überirdische Keyboard-Solos, vier Prisen Wahnsinn und viel Publikum bieten definitiv einen guten bis sehr guten Start ins neue Bergfest-Jahr! Gefühlsmäßig war ich während des Gigs irgendwo zwischen einem Fahrstuhl, der immer nach unten fährt, dem finsteren Tal (welches ja häufig in der Bibel steht! Kann aber nicht schlecht sein, wird ja schließlich bei jedem dritten Gottesdienst erwähnt) und der Umkleidekabine vom McFit. Ich hätte mich jetzt nur noch gefreut, wenn der Gitarrist seine mega sick beklebte Gitarre mal ab und zu dem Publikum gezeigt hätte oder der Bandleader mal ein „Dankeschön!“ ins Mikro geflüstert hätte. Andererseits ist diese Musik nicht so sehr dafür gemacht, die Leute in der Show zu unterhalten, sondern durch Begeisterung des präzisen Instrumentenspiels und der Klickfestigkeit einer Cäsium-133 Atomuhr, was die Band durchaus geliefert hat.
Wenn Flash Gordon auf Stevie Wonder trifft, wenn (T)Raumschiff Surprise – Periode 1 auf Raumpatrouille Orion trifft, dann ist man bei Marsellus Moon auf der Show gelandet! „Spacefunk“ nennt sich ihr Genre und das zurecht! Leicht angerockter Funk trifft auf space-artigen Synthie-Einfluss und gibt dabei eine perfekt funktionierende Mixtur, sowohl etwas langsamer als auch etwas schneller. Mr. Krabs wäre sicher der festen Überzeugung, dass so mancher Song wie „bi-bu-bu-ba“ ginge. Auch die Kleidung, ja eventuell gerade wegen der Kleidung ist diese Band etwas besonderes. Alle haben krasse billig-Spaceanzüge aus einem 70er-Jahre Kitschfilm an, wobei der Gitarrist zusätzlich auch noch eine Pavianmaske trägt, die etwas zu viel Pavianarsch abbekommen hat. Um das mal zusammenzufassen: Musik stimmt, Show ist cool, Outfits und spezielle Elemente der Musik greifen wie Zahnräder ineinander. Da bleibt mir gar nicht viel Raum zum Kritisieren! Gerade als ich auf meinen Notizblock „Eintönig?“ schreiben wollte, startet ein Song mit alternativem Beat und ein Space-Gartenschlauch-Spieler betritt die Bühne für ein episches Solo. Damit hatten sie mich an meinen emotionalen Eiern. Dazu kommt noch eine ansprechende Performance, stilvolle Ansagen und viele Blickpunkte – ich glaube, ich bin neuer Fan!
Bericht: Jakob Preißler
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