In der regen Diskussion über kommende Headliner großer Festivals sind Parkway Drive spätestens seit dem Album „Ire“ überall ganz oben dabei. Musikalisch hat man sich für mehr Anpassung entschieden, in puncto Show dafür massiv zugelegt und etliches an Pyro-Technik angeschleppt, was mit der energetischen Performance der Band ein gelungenes Festival-Set ergibt, so zumindest die letzten Jahre. Mit dem aktuellsten Album „Reverence“ konnten sie zwar bei Fans und Kritikern weniger punkten, ihre Tour dazu wiederum ist ein voller Erfolg. Allein in München bespielt man zweimal das Zenith – einmal restlos ausverkauft und einmal sehr solide gefüllt. Wir waren am 16. Februar 2019, dem Zusatzkonzert, dabei.
Den Beginn machen die Deathcore-Größen Thy Art Is Murder. Bereits um 19 Uhr, überraschend früh für eine Band der Größenordnung, erklingen die ersten Töne von „Dear Desolation“. Die australischen Heimatkollegen verzichten größtenteils auf jegliche Show, sondern konzentrieren sich von Beginn an auf das, was sie nun einmal am besten können: harte Gitarren, direkte Breakdowns und eine amtliche Anstachelung für Moshpits. Der Sound ist angenehm stark und ausgepegelt, die Stimmung schon zu früher Stunde gut – ein wunderbarer Start in einen langen Konzertabend, der nach 30 Minuten auch wieder sein Ende findet.
Setlist: Dear Desolation / The Purest Strain Of Hate / Holy War / Du Hast (Rammstein cover) / Reign Of Darkness / The Son Of Misery / Puppet Master
Die Band, die um 19:45 Uhr folgen sollte, besitzt nun wahrlich einen noch einmal ordentlich größeren Kultfaktor in der Metalcore-Szene: Killswitch Engage. Die Urgesteine des Clean-Gesangs im Refrain von Core-Songs und Etablierer unsterblicher Hymnen von „My Curse“, „Always“ und „Rose Of Sharyn“ bieten ein ausgewogenes, 50-minütiges Best-Of ihrer Karriere dar und spielen sich in Windeseile durch unzählige Lieder. Sowohl die starke Instrumental-Fraktion als auch Frontmann Jesse Leach agieren auf höchstem Niveau, wie schon im Juni 2018 auf dem Rockavaria-Festival, wie wir berichteten. Da braucht es auch nicht ihr sehr bekanntes „Holy Diver“-Cover, denn ihre lange Diskografie umfasst auch so genug Material für einen mitreißenden Auftritt.
Man möchte fast meinen, dass es schwer zu toppen sei, die glasklare Performance von Killswitch noch zu steigern, doch bereits der Anfang der Show von Parkway Drive setzt ein deutliches Zeichen, dass das kommende Konzert alles andere als gewöhnlich werden soll. Die gesamte Band marschiert mit brennenden Fackeln durch das Publikum auf die Bühne – das dauert zwar seine Zeit, hat allerdings einen spannenden und fast schon martialischen Flair, bevor es dann lautstark mit „Wishing Wells“ losgeht. Satte 17 Songs haben die Australier auf ihre Setlist gepackt, sodass am Ende des Abends fast 100 Minuten Spielzeit zusammenkommen – ein ordentliches Dankeschön an die Fans, die den mittlerweile gar nicht mehr so günstigen Kartenpreis der Band immer wieder zahlen, um ihre Metalcore-Idole zu sehen. Wenngleich vor allem das neue Material gar nicht mehr so üblicher Core ist, vor allem musikalisch – vielleicht auch der größte Kritikpunkt des Abends, denn die Lieder des aktuellen, recht schwachen Albums kommen zwar live ein wenig besser, nehmen aber so einen großen Teil des Sets ein (8 Lieder!), dass es zeitweise zu kleinen Ermüdungserscheinungen kommt. Trotz der Show!
Die Show ist es nämlich, die das gesamte Konzert massiv am Laufen hält. Das geht soweit, dass man bei „Crushed“ auch gut und gerne einmal die gesamte Bühne brennen lässt – ein unglaublicher Anblick, den man garantiert so schnell nicht vergisst. Ob die opulente Bühnenproduktion die musikalisch etwas stärkeren Auftritte der letzten Jahre ausgleicht, muss wohl subjektiv selbst entschieden werden, in jedem Fall ist die dargebotene Performance allemal sehr stimmig und bietet genug abwechslungsreiche Schauwerte, um jeglicher Übersättigung entgegenzuwirken. Sind die beiden Vorbands fraglos bereits stark und stimmungsvoll, schaffen es Parkway Drive, dies auf ein finales Level zu trimmen. Ob man das Niveau allerdings halten kann, wenn man musikalisch noch mehr in die Belanglosigkeit abdriftet, bleibt fraglich – noch befinden sich genug alte Gassenhauer im Programm, aber irgendwie ist eine Kompensation mit der Show dann kaum mehr möglich. Es bleibt die nächsten Jahre jedenfalls spannend. Derzeit kommt man aber wohl als Liebhaber mächtiger Core-Konzerte nicht an einem Parkway Drive-Konzert vorbei.
Setlist: Wishing Wells / Prey / Carrion / Vice Grip / Karma / Cemetery Blood / The Void / Idols And Anchors / Dedicated / Absolute Power / Writings On The Wall / Shadow Boxing / Wild Eyes / Chronos / The Color Of Leaving – Zugaben: Crushed / Bottom Feeder