Dark Easter Metal Meeting 2018 – Tag 1 (Bericht)

BERICHT zum zweiten Tag HIER!

Ok, sparen wir uns an dieser Stelle die obligatorischen Floskeln über schwarze Ostereier und -hasen und kommen direkt zur Sache: Dark Easter Metal Meeting 2018, 31. März und 1. April (nein, auch keine Scherze über das Datum…), Backstage. Mit insgesamt 34 Bands aus dem Black-/Death-Bereich ist das Dark Easter inzwischen eine beachtliche Hausnummer für Genre-Freunde, nicht nur aus Deutschland. Zumal, da es sich durchaus um große Namen handelt, die das Lineup bevölkern: Sei es die Schweden-Death-Gedächtnis-Supergroup Bloodbath, die, wie nicht wenige andere Bands, ihr München-Debüt gibt, seien es Naglfar, deren letzter Gig in Deutschland über zehn Jahre zurückliegt, seien es aktuelle In-Bands wie Uada oder Dool.
Nein, mit 0815-Tour-Packages werden die Besucher des Dark Easter sicherlich nicht abgespeist, dem Veranstalter MRW Concerts gelingt es, das qualitative Niveau der Vorjahre (mindestens) zu halten, während quantitativ noch ein Schritt nach vorn gemacht wird: 2017 fand das Festival zum ersten Mal zweitägig statt, jedoch mit nur acht am Samstag auftretenden Bands. Nachdem insgesamt 2000 Besucher das Angebot begeistert annahmen, geht es dieses Jahr also noch ein bisschen höher hinaus: Zweimal 17 Bands, verteilt auf drei Bühnen – seit Februar ausverkauft.

Doch ganz ohne Turbulenzen kommt der schwarze Jumbo in der Nacht auf Ostermontag nicht zum Landen: Vergleicht man das letzten Herbst veröffentlichte Lineup mit den Bands, die tatsächlich auftreten, wird man nicht weniger Verschiebungen gewahr: Die ursprünglich neben Bloodbath als Samstags-Headliner gelisteten Taake (aus politischer Sicht wahrlich kein Verlust) werden durch Shining vertreten, Katatonia verhinderten sich selbst, als sich die Musiker im Winter entschlossen, die Band vorerst auf Eis zu legen, und werden durch Paradise Lost, deren Frontman Nick Holmes in seiner Funktion als Bloodbath-Sänger ohnehin im Hause ist, ersetzt. Für Helheim, die wie Taake für 2019er Edition des Dark Easter bestätigt sind, springen Aura Noir ein, nachdem Dawn Of Disease wegen Krankheit kurzfristig verhindert sind, werden sie von den Dark Easter-Veteranen Asphagor vertreten, und weil Nocturnal Depression anscheinend zu sehr in selbiger versunken sind, um sich auch nur abzumelden, dürfen Wolves Den aus Müchen zusammen mit Desaster am Sonntag/Montag die letzten Takte des Festivals bestreiten.

Puh, nachdem das geklärt wäre, kann‘s losgehen. Karsamstag, etwas nach 15 Uhr: Nachdem kurz zuvor Ewigeis den unchristlichen Reigen im Backstage Club eröffnet haben, geben sich nun Unlight in der Halle, also nach dem Werk der zweitgrößten Bühne des Backstage die Ehre – und zwar vor mehr als vollem Haus. Das liegt zum einen daran, dass die Freiburger einen astreinen Auftritt hinlegen und mit ihrem ausbalancierten Black Metal, an dem nichts verschraubt ist, außer den Nieten und Stacheln an der Musiker Gewandung, bestens auf das Wochenende einstimmen, zum anderen daran, dass das Werk seine Pforten erst später, zur Show von Noctem, öffnen wird.

Außerdem: Wirklich viele Gelegenheiten, sich außerhalb der drei Locations aufzuhalten, gibt es nicht: Allein schon witterungsbedingt ist es auf dem kleinen Platz zwischen Werk und Halle/Club nicht allzu gemütlich, wenngleich hier Merch und Tonträger, sowie Burger und Pommes vom liebenswürdigen Imbisswagenteam verkauft werden. In der Reitknecht Bar finden Autogrammstunden statt, in der Werkstatt neben dem Werk gibt es noch mehr Shopping-Möglichkeiten, sowie eine Ausstellung des Cover-Künstlers Kristian Wåhlin (u.a. Emperors „In the Nightside Eclipse“).

Noctem

Zurück zur Musik, zurück zu Noctem: Die Spanier bespielen das sich gemächlich füllende Werk mit ordentlichem Blackend Death Metal – besonders Sänger Beleth macht eine überzeugende, hingegebene, passionierte Figur, ganz im Gegensatz zu der Person, die den gar nicht schönen Drumsound zu verantworten hat. Doch, wie sich noch zur Genüge zeigen wird, macht die vertrackte Akustik des Werks nicht nur Noctem zu schaffen.

HIER geht’s zur gesamten Fotogalerie!

Lebenssucht

Wer nach Wohlklang sucht, geht besser in die Halle – wer Eïs sehen will, auch: Die Black Metaller aus NRW geben sich locker-professionell und haben keinerlei Schwierigkeiten, die gut gefüllt Halle von sich zu überzeugen. „Mann, waren die gerade geil“, schwärmt jemand, nachdem die Band ihr Set triumphal mit „Mann aus Stein“ beschlossen hat. Wer keine Lust auf Eïs hatte, konnte sich stattdessen die DSBMler Lebenssucht im Club ansehen: Denn während die Werk-Shows stets ohne Parallelprogramm ablaufen, muss man sich zwischen den gleichzeitig stattfindenden Shows in Halle und Club entscheiden.

HIER geht’s zur gesamten Fotogalerie!

Ein erster großer Publikumsmagnet am Samstag sind Dark Fortress, die sich am frühen Abend im nun vollen – stünden bei Belphegor am Sonntag die Leute nicht bis zu den hinteren Eingangstüren, könnte man sagen, sehr vollen – Werk die Ehre geben. Hatten Eïs ihre Ansagen in Rücksicht auf „international guests“ noch auf Englisch gehalten – in der Tat sind nicht wenige Fans nicht nur von jenseits des „Weißwurstäquators“, sondern u.a. auch von jenseits der Alpen und des Rhein angereist – schert sich Morean, der Sänger der international erfolgreichen Landshuter Band, nicht um solche Höflichkeitsbekundungen und spricht „wia eam da Schnobe g‘wachsn is“. Bei ganz anständigem Sound präsentieren die melodischen Schwarzwurzler eine knackige Setlist, die sich auch Blicke in die weiter zurückliegende Vergangenheit der Truppe erlaubt: So kommt das Publikum in den Genuss von „Misanthropic Invocation“ vom 2001er Album „Tales from Eternal Dusk“ und dem raren Live-Song „Blood of the Templars“ („Profane Genocidal Creations“, 2003). Nicht nur für die Fans der nicht gerade häufig auftretenden Band ist dieses Konzert bedeutend, sondern auch für diese selbst: Denn das Dark Easter markiert die letzten Bühnenminuten von Bassist Draug, der nach fast 20 Jahren die Band verlässt. „Servus, du kleine Sau“, wird er liebevoll von Morean verabschiedet.

Setlist Dark Fortress: I Am the Jigsaw of a Mad God / Cohorror / Misanthropic Invocation / Evenfall / When 1000 Crypts Awake / Blood of the Templars / The Valley

HIER geht’s zur gesamten Fotogalerie!

Betlehem

Nach den Konzerten von Commander und Sun of the Sleepless in Club bzw. Halle steht erneut Vollversammlung im Werk an, obwohl niemand so genau wissen kann, was da kommen wird, unter dem Namen Bethlehem: Der letzte Auftritt der so legendären wie vielgestaltigen Dark Metal-Exzentriker liegt fünf Jahre zurück – und zwar auf den Tag: 31. März 2013, Dark Easter Metal Meeting, unter anderem mit Enslaved undDark Fortress Seitdem haben Bethlehem zwei Alben veröffentlicht, zuletzt „Bethlehem“ mit neuer Sängerin. Diese, Onielar genannt, feiert also heute (zusammen mit dem ebenfalls erst kürzlich rekrutierten Gitarristen Karzov) ihre Bühnenpremiere – und meistert diese mit Bravour. Die Frau mit den fast bodenlangen Haaren präsentiert sich selbstsicher und in stimmlicher Bestform, was in diesem Falle ein sickes Kreischen bedeutet. Dies gibt auch die Ausrichtung der Setlist vor, die sich hauptsächlich aus „Bethlehem“ und dem 1996er Klassiker „Dictius Te Necare“ speist – sehr zur Freude des Publikums. Eingerahmt wird Onielar von Bassist und Bandboss Jürgen Bartsch und Gitarrist Karzov, die sich sichtlich nicht um ein besonders cvltes Äußeres bemühen – und auch nicht um einen wirklich herausragenden Auftritt, wie es scheint. Zwar geht die Show durchaus befriedigend vonstatten, doch vor allem das Gitarrenspiel scheint bisweilen recht leb- und ziellos.

Setlist Bethlehem: Fickselbomber Panzerplauze / Kalt Ritt in Leicht Faltiger Leere / Aphel – Die schwarze Schlange / Gestern starb ich schon heute / Die Dunkelheit darbt / Schatten aus der Alexander Welt / Wahn schmiedet Sarg / Tagebuch einer Totgeburt

HIER geht’s zur gesamten Fotogalerie!

Wer um 20 Uhr nicht ein Dinner-Päuschen einlegt, hat Gelegenheit, sich in der Halle von Ultha in Form eines auf drei Songs verteilten emotionalen Vulkanausbruchs überrollen zu lassen. In rotes Licht, Nebel und Schweigen gehüllt gibt die Kölner (Post-) Black Metal-Formation eine tadellose Darbietung. Nachdem die letzten Töne der Gänsehaut-Lava-Sinfonie „Fear Lights The Path (Close To Our Hearts)“ verklungen sind, brandet der Band begeisterter Beifall entgegen – eines der vielen kleinen, jeweils persönlichen Highlights, die das Dark Easter abseits der Hauptbühne zu bieten hat.

Sänger Kvarforth versucht, unsere Kamera zu nehmen

Um 21 Uhr wird es ernst, todernst. Oder eher lächerlich? Ja, Shining sind eine polarisierende Band, keine Frage. Man raunt sich seine Lieblingsstories über Sänger Niklas Kvarforth zu und zumindest in den hinteren Reihen mag auch Hoffnung auf ein kleines Skandälchen gehegt werden. Doch „enttäuschenderweise“ liefern Shining einfach nur eine starke Show vor einem vollen Werk ab. Kvarforth ist in guter, bzw., was Klargesang anbelangt, ordentlicher stimmlicher Verfassung, er scheint neben dem obligatorischen Jack Daniels sogar Wasser zu trinken. Ganz ohne Schikanen geht es anscheinend aber doch nicht – zum Leid der Fotografen: Mr. Suicide versucht die Kamera von unserem Fotograf Martin zu konfiszieren und scheint eine Zwangsernährung der Bildermacher mit Whisky für angezeigt zu halten.
„Diesen Song habe ich über euch alle geschrieben“, teilt Kvarforth mit, ehe die Band „Jag Är Din Fiende“ („Ich bin dein Feind“) anstimmt – die jeweiligen Meinungen über Shining werden sich an diesem Abend wohl eher nicht ändern.
Was nicht fehlen darf, ist das Seigmen-Cover „Ohm (Sommar med Siv)“. Shining bereiten dem Publikum damit den größten Mitsing-Moment des Samstags.
Letztlich sorgten die Schweden weder für Überraschung noch für übermäßige Begeisterungsstürme, sondern schlicht für einen starken, unterhaltsamen Auftritt, was nicht zuletzt an der überzeugenden Instrumentalarbeit lag: Peter Huss‘ elegisch-verträumte Gitarrensoli lohnten das Hinhören definitiv.

HIER geht’s zur gesamten Fotogalerie!

Nun aber gilt es, sich die Whisky-Fahne aus der Nase zu vertreiben: Womit? Mit dem trocken-würzigen Geruch von verbrannten Kräutern! Die Urheber dieser Räucherei sind die naturverbundenen Italiener von Enisum, die sich um 22 Uhr im Club die Ehre geben, während nebenan Agrypnie die Halle bespielen. Für dieses kompakte Live-Set hat die Band ihren Black Metal größtenteils von Ambientpassagen und langen Intros befreit und erfreut sich regen Zuspruchs. „Wie könnt ihr jetzt gehen?“, ruft jemand, als sich gen Ende einige Zuschauer zum Ausgang wenden. „Naja, Bloodbath halt“, lautet die achselzuckende Antwort.

Ja, Bloodbath, die All-Star-Truppe aus Schweden (und England), will man mal gesehen haben und hat heute zum ersten Mal die Gelegenheit, dies in München zu tun. Dies, der Bekannt- und Beliebtheitsgrad der Band sowie ihre Position als Headliner nähren große Erwartungen – die Bloodbath mit Bravour erfüllen. Mit einer Setlist, auf der hauptsächlich die beiden ersten Alben, „Resurrection Through Carnage“ und „Nightmares Made Flesh“, sowie die „aktuelle“ Veröffentlichung „Grand Morbid Funeral“ (2014) eine Rolle spielen, und einer tadellosen Performance lässt die Band keine Wünsche offen. Nick Holmes, gekleidet in eine schwarze Soutane, mit umgedrehtem Kreuz um den Hals und blutverschmiertem Gesicht, präsentiert sich fast durchgehend als bärenstarker Growler, zwischen den Songs wendet er sich mit freundlichen, gewählten Worten ans Publikum: Man hat den äußerst wohltuenden Eindruck, dass hier weder Blendwerk noch Personenkult eine Rolle spielen, sondern allein das ehrliche Muckemachen im Mittelpunkt steht.

Leider hat man während der guten Stunde der Show auch den weit weniger wohltuenden Eindruck, Zeuge zu sein, wie eine ganze Wagenladung Perlen vor die Säue gekippt wird: „You‘re referring to the college in London, right?“, fragt Holmes scherzhaft, als er circa zur Hälfte des Sets die quengeligen Rufer nicht mehr überhören kann, die nur ein Wort wiederholen: „Eaten“!
Die Leute sind sichtlich müde und musikalisch übersättigt und haben für den Humor des zunehmend konsternierten Holmes ebenso wenig übrig wie für den Geschichtsunterricht von Gitarrist Anders Nyström, der ihnen noch das Cancer-Cover „Blood Bath“ (nach dem sich die Band als Hommage an die Old School Death Metal-Pioniere benannt hat) aufs Auge drückt, ehe es zuletzt endlich das ersehnte „Eaten“ setzt – vor einem Publikum, das inzwischen kaum größer ist, als das, das Noctem vor rund zehn Stunden angezogen haben.

Setlist Bloodbath: Let the Stillborn Come to Me / Iesous / So You Die / Breeding Death / Anne / Cancer of the Soul / Weak Aside / Church of Vastitas / Like Fire / Outnumbering the Day / Beyond Cremation / Bathe in Blood / Mock the Cross / Blood Bath / Eaten

HIER geht’s zur gesamten Fotogalerie!

Zum einen mag Bloodbaths mangelnde Magnetkraft den beschriebenen Müdigkeitserscheinungen geschuldet sein, zum anderen ist diese verfrühte Abwanderung, von der vor allem von die Werk-Shows betroffen sind, eine Folge der Tatsache, dass das Dark Easter seinen Besuchern keine Pause von hochkarätigen Beschallungsmöglichkeiten gewährt: Wer in Club und vor allem Halle einen anständigen Platz ergattern will, muss das Werk ca. 20 Minuten vor Ende des jeweiligen Konzerts verlassen. Wer also seinen Samstag mit Aura Noir (Halle) oder Just Before Dawn (Club) beschließen will, ist gut beraten, Bloodbath nicht zu spät den Rücken zu kehren.

Ob ungerechtfertigterweise missachtet oder nicht, Bloodbath setzen einen fetten Strichpunkt hinter den ersten Dark Easter-Tag, bei dem es weder musikalisch, noch organisatorisch viel zu meckern und um so mehr zu loben gab: Extreme Music for Extreme People – die unter sehr harmonischen Rahmenbedingungen zusammenkommen.

Fotos: Martin Schröter

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert