Dunkel und eiskalt ist es auf dem Weg durch das Container Collective im Werksviertel Mitte. Ziemlich ausgestorben wirkt es dieses Mal, was womöglich am Montag, 22. Januar 2019, liegen mag – wer verbringt auch den Montagabend bei Minusgraden an einem Ort, an dem eigenartigerweise (noch) fast alles geschlossen hat. Zum Glück aber nicht die TonHalle, dorthin schleicht doch eine nicht unbeachtliche Menge an Menschen, um den Tastenbespieler Tom Odell zu bewundern. Der Liedermacher besucht nach rund 1,5 Jahren wieder einmal die bayerische Landeshauptstadt, dieses Mal mit neuem Album „Jubilee Road“.
Die Halle füllt sich schnell und irgendwie fehlen auch maximal 20 Menschen zum restlosen Ausverkauf, denn zum Schluss hin ist alles brechend voll. Ein wenig angenehmer ist es da noch beim Support Jane’s Party, die pünktlich um 20 Uhr die Bühne betreten. Da der riesige Flügel von Mr. Odell die gesamt Bühne blockiert, teilen sich die Kanadier in linke Seite (Drums und Bass) und rechte Seite (Gitarre und Keyboard) auf. Das erzeugt zwar irgendwie ein schräges Bild, tut aber weder Performance noch Musik einen Abbruch. Die Musiker wechseln sich im Front-Gesang ab und bringen ihren Indie-Poprock engagiert und unterhaltsam herüber, dennoch mag der Funke nicht so recht überspringen – etwas zu normal, zu 08/15 wirkt die Musik. So erfüllen die 30 Minuten allemal den Zweck einer guten Vorgruppe, mehr bleibt von der Odell-Dauervorband aber nicht hängen.
Setlist: Old Friends / ´Til You Got Yours / Cigarette Buzz / You’re The Light / Wait For You / Coming On Strong / San Francisco
Es folgt das übliche Umbau-Prozedere und ebenso das Erlöschen der Saalhelligkeit um 21 Uhr. Begleitet von einem kleinen Frontlicht betritt Tom Odell die Bühne – lautstark verfolgt vom Gekreische des zum größten Teil jungen, weiblichen Publikums. Verwunderlich, denn weder Musik noch Aussehen sind auch nur irgendwie charakteristisch für das typische Indie-Publikum, was sich versammelt hat, selbst der große Hit „Another Love“ ist inzwischen über vier Jahre her. Den wenigen Kreisch-Ultras wird das aber auch spätestens dann klar, wenn sie in die absolute Stille reinschreien und mehr negative als positive Reaktionen erhalten – ab dem vierten Song konzentrieren sich tatsächlich alle auf Musik und Entertainment, das auf der Bühne vollzogen wird – auf allerhöchstem Niveau.
Wer sich durch die Diskografie des Briten hört, erwartet ein entspanntes und äußerst ruhiges Konzert. Dem ist aber absolut nicht so, denn gemeinsam mit seiner dreiköpfigen Band gelingt ihm ein Sound, der rockiger und wuchtiger kaum sein könnte. Entgegen der bescheidenen Akustik in der TonHalle gelingt es der Tonfraktion, einen klaren und differenzierten Gesamtklang zu erzeugen, der vor allem bei lauten und wilden Liedern wie „I Know“ und „Son Of An Only Child“ schlicht überwältigt. Im Gegensatz dazu gelingt bei u.a. „Constellations“ eine absolute Stille, auch bei Odells ewig langer, etwas verplanter Ansage, die sich zwar Minuten später im Sand verläuft, aber dennoch bestens unterhält. Allgemein liegt ihm der Part des Entertainments bestens. So springt er des Öfteren auf seinen Flügel und stachelt seine Band zu Höchstleistungen an, wirft seinen Klaviersessel über die Bühne oder läuft bei „Hold Me“ durch das Publikum.
Spannend ist das gesamte Konzert auch für die Musikfanatiker unter den Besuchern. Odell jammt sich gut und gerne acht Minuten lang durch Lieder, die gerade einmal drei Minuten im Original dauern – dabei liefern seine Mitmusiker und er selbst so voller Energie ab, dass man kaum glauben mag, so eine Performance täglich auf der Bühne darbieten zu können. Auch wenn es manchmal fast zu lange wird und die Liederauswahl womöglich zu stark auf die alten Stücke zugeschnitten ist (Singles des neuen Albums, wie „If You Wanna Love Somebody“, fehlen so beispielsweise gänzlich), bleibt ein Konzerterlebnis, das kaum zu toppen ist. Selbst Elton John, der natürlich im gleichen Genre tätig ist, dürfte in seinen Anfangstagen kaum den Enthusiasmus des Songwriters gehabt haben. Wenn Elton John abtritt, braucht er sich jedenfalls keine Sorgen machen – seine Lücke wird mehr als würdig von Tom Odell gefüllt.
Setlist: Jubilee Road / I Know / Sparrow / Supposed To Be / Magnetised / Constellations / Can’t Pretend / Long Way Down / Grow Old With Me / Hold Me / Entertainment / Half As Good As You – Zugaben: Son Of An Only Child / Imagine (John Lennon Cover) / Concrete / Another Love / Somehow
Bericht: Ludwig Stadler