Wer den Rapper Tarek kennt und mag, der ist höchstwahrscheinlich ein K.I.Z.-Fan. Zusammen mit Maxim und Nico ist er seit Jahren erfolgreich als Rap-Trio auf Tour, der größenmäßige Höhepunkt war das Konzert in der ausverkauften Wuhlheide in Berlin. Ein K.I.Z.-Konzert bedeutet vor allem Exzess und eine durchgehend ironische, extrem unterhaltsame Show. Aktuell sind sie aber in Pause, was Tarek für sich genutzt hat: Dieses Jahr ist sein erstes eigenes Album erschienen, „Golem“ heißt es, mit dem er im Februar tourt und auch am 27. Februar 2020 in der Muffathalle spielt. Diesmal kleiner, diesmal alleine angekündigt, diesmal nicht ausverkauft.
Ein weit aufgerissenes Auge ist auf dem großen Banner im Hintergrund zu sehen. Tarek kommt bereits um 20:50 Uhr auf die Bühne und positioniert sich vor dem Mikrofonständer. Schwarze Lederjacke, Cap und Sonnenbrille – cool und unnahbar wirkt er. Dabei hat er die Drummerin Linda-Philomène, die er mehrmals während des Konzerts voller Bewunderung als “Philo” vorstellt. Die Kombi funktioniert – jedes Live-Instrument ist besser als ein allein lieblos abgespielter Beat. Tarek fängt mit dem Song “Ticket Hier Raus” an, er klingt solide, das Autotune ist live angenehm eingesetzt. Das Publikum nickt und wippt mit. Für das erste eigene Album konnten sich nicht alle Fans begeistern. Zu viel Autotune, zu unironisch, zu eintönig, sagten manche. In der Muffathalle sind viele Paare, Frauen und Männer ungefähr 50:50, oft studentisch – typisches K.I.Z.-Publikum.
Nichts, von was sich Tarek als Solokünstler verunsichern ließe. Er selbst stimmt “Tarek, Tarek”-Rufe an. “Das schönste Wort der Welt”, sagt er und fordert noch mehr Jubel ein. „Hier ist eine hohe Frauenquote, was mir sehr gefällt. Und München, ihr riecht gut. Leipzig hat gestunken.“ Mit gewohnter K.I.Z.-Arroganz weiß Tarek auch alleine sein Publikum zu unterhalten. Bei dem Song “Bang Bang” gibt es keinen Piepser wie auf der Albumversion, wenn er darüber rappt, wen er am Apfelbaum erhängt. Er nennt den AfD-Politiker Björn Höcke. Dafür gibt es Extra-Applaus während des Songs. Das Lied „Fleisch” leitet er so ein: “Es ist eine Art Theaterstück, über Armut, darüber wisst ihr in München nichts.“ Alle lachen. Tarek zeigt bei dem Song, wie vielfältig seine Stimme sein kann, er schreit, flüstert vereinzelt Passagen, immer mit einer leichten Spur Autotune, was als Stilmittel live gut funktioniert.
Plötzlich ändert sich die Stimmung im Publikum von gelassen und entspannt zu lauter Ekstase. Zwei exklusive Gäste seien hier. Die Leute ahnen, was das bedeutet und stimmen K.I.Z.-Rufe an. Und tatsächlich: Maxim und Nico betreten die Bühne, in Sweatshirts, als ob sie nur zufällig privat hier wären. Die Leute rasten aus. Zuerst „K.I.Z. für immer“, dann den Riesen-Hit „Hurra die Welt geht unter“. Alle singen mit. Maxim verrappt sich, aber kontert danach. “Ich hab’ Freestyle gemacht.” Zum Schluss spielen sie noch das Brett „Ein Affe und ein Pferd“. „Noch ‘ne schöne Show“, sagt Maxim zu Tarek. Die wollen sie ihm nicht stehlen. Leider ertappt man sich als Zuschauer bei dem Gedanken, dass der Block so gut war, dass sie doch einfach zu dritt weitermachen könnten – was sie noch alles für Lieder haben!” Aber bevor man in eine zu große K.I.Z.-Sehnsucht verfällt, stimmt Tarek den Song “Weißer Drache” an. Jetzt ist es wieder ruhiger, aber die Stimmung gelöster als noch vor der Trio-Überraschung.
Dass es nicht ausverkauft ist, nimmt Tarek mit Humor. “So kann es nicht weitergehen. Aber es ist auch verständlich, Corona geht um.” Dann setzt er ein schnelleres Tempo an. „Nubischer Prinz“ ist musikalisch erfrischend anders, mehr upbeat und partytauglich, und bei „Wenn du stirbst“ gibt es einen großen Moshpit. “Ich möchte, dass es Zähne regnet”, sagt er zur Einstimmung. Als er zum ersten Mal sein In-ear herausnimmt, fangen alle an besonders laut zu klatschen und zu johlen.„Alter, Wow“, sagt er unironisch gerührt, “München, ich liebe euch.”
Für die Zugabe wird es ernster und emotionaler. Bei “Liebe” strecken alle die Feuerzeuge nach oben (viele Raucher im K.I.Z.-Publikum) und bei “Frühlingstag”, der Song für seinen verstorbenen Vater, ist man einfach nur gerührt. Was für ein ehrlich schmerzhaftes und trauriges Lied. Tarek muss einmal neu ansetzen, es scheint ihn viel Nerven zu kosten, das live zu singen. “Freak” geht im Vergleich etwas unter als letzter Song. “Danke, wir sehen uns am Merchstand”, kündigt er an und verschwindet um 22:10 Uhr von der Bühne. Lyrisch ist Tarek so stark, aber manchmal mangelt es ihm an der musikalischen Abwechslung. Er hat das beste rausgeholt, es war ein kurzweiliger Abend – nach dem Auftritt ist aber vor allem die Vorfreude auf ein neues K.I.Z.-Album ist gestiegen. Zu dritt sind sie einfach am besten.
Setlist: Ticket Hier Raus/ Glücklich und Satt (K.I.Z. song) / Bang Bang (K.I.Z. song) / Letzte Chance / Fremdgehen (K.I.Z. song) / Fleisch (K.I.Z. song) / K.I.Z für immer / Hurra die Welt geht unter (K.I.Z. song) / Ein Affe und ein Pferd (K.I.Z. song) / Weißer Drache / Kaputt wie ich / Abendrot / Nubischer Prinz / Wenn du stirbst – Zugabe: Liebe / Frühlingstag / Freak