Memories – Superbloom 2025 im Olympiapark (Bericht)
Der Sommer neigt sich langsam dem Ende zu, was zugleich auch das Ende der Festivalsaison bedeutet. Doch bevor der Open-Air-Sommer für das laufende Kalenderjahr für beendet erklärt wird, folgt stets das Superbloom Festival im Münchner Olympiapark. In der mittlerweile vierten Auflage findet Münchens einziges größeres Festival statt, mit dabei internationale und nationale Größen, die sich im Olympiastadion oder der kleineren NeoNeo Stage einfinden, um den Münchner*innen einen wundervollen Sommerabschluss zu gewährleisten. Das Superbloom 2025 findet am 30. & 31. August 2025 statt.
Tag 1
Auch wenn das Wetter sich etwas ungewiss und unberechenbar zeigt, strömen die Menschenmassen gen Olympiapark. Ob und wo sich das Festival im kommenden Jahr einfinden könnte, nachdem das Olympiastadion für zwei Jahre schließt und renoviert wird, ist unklar, aber von den Zukunftsvorhersagen lässt sich das Publikum wenig beeinflussen, denn nun geht es ausschließlich um die diesjährige Auflage. Kurz vor Beginn wurde noch der Ausverkauf verkündet, im Park selbst ist die Menschenmenge aber gut verteilt: Teilweise an den zahlreichen Essens- und Getränkeständen, den Side-Activities oder Sponsor- und Partnerständen – oder eben im Olympiastadion, in dem auch dieses Jahr wieder eine Doppelbühne steht, die mit lediglich fünf Minuten Umbauzeit durchgehend bespielt wird.

Den Tag eröffnen so Esther Graf und Cat Burns, gerade einmal 45 Minuten nach Öffnung der Eingänge. Was letztes Jahr noch im großen Chaos endete und zum massenhaften Verpassen von Tokio Hotel führte, klappt dieses Mal deutlich besser – und so ist das Stadion bereits angenehm gefüllt, ebenso beim folgenden $oho Bani. Dem Rapper ist mit der Grönemeyer-Collabo zu „Zeit, dass sich was dreht“ vergangenes Jahr ein Coup gelungen, und auch wenn er genau diesen Song am Ende als große Zeremonie veranstaltet, lässt sein Auftritt das Publikum wenig begeistert zurück – viel Playback, der Rap ersäuft im Backing-Track. Naja.
Was bei $oho Bani noch an Live-Musik fehlte, wird von Jelly Roll deutlich wettgemacht. Der amerikanische Country-Star rückt mit einer achtköpfigen Band an und feiert damit eindrucksvoll seinen Münchner Einstand. Dass Roll überhaupt nach Europa einreisen darf nach seinen zahlreichen Gefängnisaufenthalten, gleicht einem Wunder – umso mehr freut man sich für den sowieso längst brav gewordenen Sänger. Seine hochmotivierte Band und Rolls großartige Stimme sorgen zu Recht für viel Applaus, auch wenn das Stadion ungerecht leer geblieben ist. Erst zu James Hype, der im Anschluss auf der Super Stage auflegt, wird es wieder voller. Der DJ fordert mit aggressiver Stimme zur Bewegung, das Publikum will sowieso tanzen und feiern. Wunderbar.

Auf der NeoNeo Stage, die sich auch dieses Jahr etwas versteckt beim Eingang der alten Eissporthalle unter den Bäumen eingenistet hat, gibt es derweil Jassin und das Comedy-Zauberduo Siegfried & Joy zu sehen. Seit dem Einlass sind die ersten Reihen dort allerdings bereits belagert und reserviert. Der herbeigesehnte Gast: Omar Rudberg. Der venezolanische Schwede sorgt mit seinem Set um 16 Uhr für Jubelstürme und Gekreische, was er sogleich mit einem rastlosen Set kontert. Mit viel Enthusiasmus, flotten Tanz-Einlagen und durchaus gelungenem Live-Gesang sorgt er für die nötige Portion „upcoming Popstar“ und wird nach rund 45 Minuten zufrieden entlassen. Besonders eindrucksvoll: die Premiere seines neuen Songs „Dying“.
Die Superbloom-App meldet derweil: Der Innenraum des Stadions ist voll. Was, jetzt schon? Ach so, natürlich: Roy Bianco & Die Abbrunzati Boys. Die Italo-Schlager-Band ist eines der größten Phänomene der deutschen Musiklandschaft und hat den dortigen Markt in Windeseile erobert. Dass sie eben auch solch große Massen begeistern können, beweisen sie mit überraschender Leichtigkeit – Schlagerstrudel inklusive. „Öffnet die Abgründe der Freude“, ruft Roy Bianco. Andere Abgründe öffnet da eher Alligatoah, der direkt anschließt. Der Rapper ist seit eh und je für seinen eigenen Stil bekannt – und so spielt er auch konsequent seine Show zum aktuellen Metal-Album „off“. Das verschreckt und verwirrt nicht gerade wenig, gerade bei deftigen Songs wie „Wer lacht jetzt“, aber die irrwitzige Bühnenshow, in der Alligatoah und Band ein Büro zerdeppern, weiß zu gefallen und wird – der letzte Auftritt damit! – gebührend in den Ruhestand geschickt.

Dass Alligatoah fünf Minuten überzieht, wirkt sich wenig auf den Gesamtplan aus: Nelly Furtado nutzt ihre 70 Minuten nicht aus, sondern konzentriert sich lieber auf eine Stunde – die dafür mit voller Energie und Rastlosigkeit. Der Hit-Katalog der Sängerin ist sowieso schier unendlich, und so ist es wie eine Jukebox der frühen 2000er-Jahre, die angeschmissen wird, getragen von einer gesanglich starken Furtado und einer angenehmen Show zwischen Pop und Electro. Doch all das kann kaum darauf vorbereiten, was mit Raye folgen sollte. Die Bühne erstrahlt in Rot, darin versammelt mindestens zwölf Musiker*innen, inklusive ausgedehnter Brass-Fraktion. In der Mitte: Raye mit einem atemberaubenden Kleid und noch viel atemberaubenderer Stimme. Was sie gesanglich, begleitet von dieser fantastischen Bigband, leistet, ist schlichtweg 75 Minuten unfassbar grandiose Live-Musik, ein Feuerwerk an Soul, Pop und Jazz. Mittendrin immer wieder quirky-sympathische, aber auch etwas verpeilte Ansagen der Britin, die das Geschehen etwas auflockern und kurze Durchschnaufmomente vom Staunen bieten. Überragender Auftritt!
Das Stadion ist mittlerweile übervoll und überall bestens gefüllt. Kein Wunder, denn es ist Zeit für den Headliner des Abends: Post Malone. Der Amerikaner, der irgendwo zwischen Rap, Pop und Country tingelt, kommt mit Blinkschild und reichlich Bühnenenergie um 21:20 Uhr daher und feuert nicht nur musikalisch, sondern auch sprichwörtlich aus allen Rohren. Auch wenn es zwischendrin technische Probleme gibt, gelingt es Malone, diese sympathisch zu überbrücken. Allerdings ist die doch sehr deutliche Country-Ausrichtung, passend zu seinem aktuellen Album, auf die Länge von 90 Minuten etwas ermüdend, so recht funktionieren wollen die Songs nicht. Umso besser klappen aber Lieder wie „rockstar“, „Sunflower“ und „Congratulations“, die – natürlich – zum Ende einen absolut gelungenen ersten Festival-Tag abschließen. Die Menge wandert in das (heimische) Bettchen, um am kommenden Tag wieder topfit aufzukreuzen.

Tag 2
Bei Sonnenschein und satten 24 Grad lockt der zweite Festivaltag die Menschen wieder in den Olympiapark, dieses Mal ohne kurzen Regenschauer, sondern durchgehend bei bestem Wetter. Schnell zeigt sich am Publikum, dass es noch einmal etwas weiblicher und jünger geworden ist – das dürften wohl die Tagestickets für Shawn Mendes ausmachen. Das Stadion eröffnen aber erst einmal Juli, die mit einem wahren Hitfeuerwerk der deutschen Musikgeschichte starten: „Perfekte Welle“, „Geile Zeit“, „Dieses Leben“. Was für ein wunderbarer Beginn in einen aussichtsreichen zweiten Tag.

Der Start in den Tag gestaltet sich insgesamt relativ Deutschpop-lastig, denn mit Montez werden große Herzschmerz-Momente und Radio-Hits im Stadion zum Besten gegeben, wenige Wochen vor seinem Besuch in der Olympiahalle. Dass diese bereits seit Monaten restlos ausverkauft ist, wundert nach dem Auftritt wohl niemanden. Etwas chaotischer und raplastiger wird es mit 01099, die das Olympiastadion beachtlich füllen und über 60 Minuten eine unermüdliche Portion an Trap, Rap und Pop auf die Massen loslassen. Text- als auch tanzsicher präsentieren sich die Münchner*innen, besonders zu der noch recht frühen Uhrzeit. Wer lieber etwas mehr organische Gitarrenmusik möchte, wird bei Alessi Rose auf der NeoNeo Stage fündig. Die britische Songwriterin hat erst kürzlich als Support von Dua Lipa in München gespielt und konnte nun noch einmal etwas länger beweisen, dass man sie dringend im Auge behalten sollte.
Für internationalen Flair sorgt Conan Gray auf der Super Stage im Stadion. Der amerikanische Pop-Sänger, der mit dem gleichen Produzenten von Olivia Rodrigo und Chappell Roan gewachsen ist, kann schon auf einige Hits zurückblicken, ist aber ein seltener Gast auf europäischen Bühnen. In Kapitänsoutfit, einer 6-Frauen-Band und mit einer fantastischen Performance schafft es der Sänger, vollends zu überzeugen. Dennoch schien er eine etwas zielgruppenspezifischere Buchung zu sein, denn bei den folgenden Giant Rooks ist das Stadion deutlich gefüllter. Die deutsche Band zählt aber auch zu den erfolgreichsten Pop-Bands und Radio-Dauerkünstlern der Nation. Ihr Auftritt ist grundsolide, beginnt sich aber deutlich zu wiederholen und schreit nach einem ordentlichen Refresh. Im Vergleich zu 2023 war hier wenig Überraschung zu sehen und hören.

Während die gestrige Headliner-Riege deutlich stärker weiblich besetzt war, spielt am zweiten Tag lediglich Bebe Rexha auf der Doppelbühne. Dafür bietet die New Yorkerin eine ausgewogene Mischung aus eigenen Liedern und ihren Kollaborationen mit David Guetta, The Chainsmokers oder Martin Garrix. Mit Live-Band, Tänzer*innen, ihrer kräftigen Live-Stimme und sehr sympathischem Auftreten wickelt sie das Publikum um den Finger, das eigentlich sichtlich auf den Folge-Act auf der Olympic Stage wartet: Shawn Mendes. Das Teen-Idol seit über zehn Jahren legt um 18:55 Uhr los und ist wohl der heimliche Headliner des Tages. Das untermauert auch seine Setlist voller Hits: „Mercy“, „Stitches“, „Treat You Better“, „In My Blood“ und viele mehr. Gepaart mit den eher ruhigeren Songs seines neuen Albums entsteht eine runde und gelungene Gesamtperformance, die beweist, dass hinter der attraktiven Attitüde eben auch ein talentierter Musiker steckt.

Auf der NeoNeo Stage schließt derweil eine ordentliche Portion Frauenpower den Tag ab. Den Start macht Zaho de Sagazan um 20 Uhr, die mit vier Live-DJs eine rastlose Electro-Dance-Performance abliefert und selbst Tanzunwillige zum Bewegen bringt. Dass schon während ihrer Performance der Zugangsbereich geschlossen wird, liegt allerdings eher an der Künstlerin, die den Abend dort beschließt: Ikkimel. Über die App werden schon den Tag über Warnungen verschickt, dass die Bühne sehr voll werden könnte, rund 50 Minuten vor ihrem Auftritt ist es schon voll. Die Berlinerin freut sich, lässt ein Feuerwerk an Dance und Rap auf die feierwütige Menge los und wird mit textsicherem Mitsingen belohnt. Natürlich ist sie nicht kontroversfrei, das weiß sie selbst und spielt es in Songs wie „Who’s That“ oder „Jetzt erst recht“ aus. Das schließt ihre explizite Wortwahl und extremen Lines mit ein, auch die Aktion, einen Mann aus dem Publikum in einen Zwinger zu stecken und anschließend „Böser Junge“ zu performen. It’s a big show – und die funktioniert bestens. Ein toller Abschluss!
Kontrastprogramm gibt es zeitgleich im Stadion mit Hozier, der vergangenes Wochenende bereits das Reading & Leeds Festival in Großbritannien headlinen durfte. Mit großer Band, einem starken Sound, einer beachtlichen Produktion und sehr viel Passion liefert er musikalisch als auch persönlich fraglos ab. Selbst eine Performance auf einer B-Stage gibt es, und abschließend eine lange und sehr politische Rede. Dass die Hits wie „Take Me To Church“ besonders zünden, ist da fast eh schon klar. Den Rausschmeißer übernimmt der DJ Tiësto, dem allerdings nur noch ein spärlich besetztes Olympiastadion überbleibt. Vielleicht wäre ein DJ-Headliner, der im Jahr 2025 wirklich nicht mehr den relevantesten Namen besitzt, am Samstag besser besucht gewesen. In jedem Fall gibt es noch etwas Pyroshow, bevor die 2025er-Auflage des Superblooms erfolgreich zu Ende geht.

2026 geht es weiter! Da das Olympiastadion die kommenden zwei Jahre renoviert wird, ist der Ort aber noch ein Geheimnis. Man darf gespannt sein, die Veranstalter sprechen von einem „besonderen Superbloom“. Wir sind in jedem Fall wieder dabei!
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Bericht: Ludwig Stadler
Fotos: Sophie Köstner
