Es ist kurzzeitig still, dann brüllt irgendein Konzertgast lautstark den Namen der heutigen Haupt-Band, was sich wie ein Echo verbreitet und letztendlich zwar mehr wie gequälter Brunftschrei als kräftiger Metal-Scream klingt, aber das sei erlaubt, denn eine Ära geht nun zu Ende. Slayer besuchen am 29. November 2018 die Olympiahalle München und füllen trotz stattlichen Preises die Sitz- und Stehränge fast vollständig – allein das zeugt bereits vom kultigen Stand, den die Thrash Metaller in der Szene haben. Als eine der „Big 4“ gelten sie – und nun sind sie die ersten von ihnen, die das Handtuch werfen. Nicht aber, ohne mit ordentlichem Billig – in Namen: Lamb Of God, Anthrax und Obituary – noch einmal durch Europa zu ziehen und einen letzten Abend ordentlich Rabatz zu machen. Gesagt, getan.
Zusätzlich zum sowieso bereits irrsinnig frühen Einlass um 17 Uhr starten Obituary auch noch ordentlich früher, um 18:20 Uhr ist ihr langes Intro zu Ende und „Redneck Stomp“ lässt die Instrumental-Fraktion sich warmspielen, bevor Frontmann John Tardy die Bühne entert. Zwar haben die Musiker mit ihrer 34-jährigen Bandhistorie wahrlich bereits einiges an Routine und Erfahrung inne, können davon aber wenig präsentieren – der rund 25-minütige Auftritt bleibt recht blass, der Sound ist breiig und anstatt auf Kommunikation und Interaktion zu setzen, entscheidet man sich, einfach ununterbrochen durchzuspielen. Schade, da wäre mehr drin gewesen, aber „Slowly We Rot“ …
Setlist: Redneck Stomp / Threatening Skies / By The Light / Sentence Day / Straight To Hell / I’m In Pain / Slowly We Rot
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Ihr volles Potential ausschöpfen, das wiederum ist die absolute Stärke der folgenden Band: Anthrax. Als die Kult-Thrasher um 19:05 Uhr ihren Auftritt mit „Caught In A Mosh“ beginnen, ist bereits klar, dass die folgenden 45 Minuten schweißtreibend und hochklassig werden. 37 Jahre gibt es Band bereits, seit 2013 ist die aktuelle Besetzung konstant – und in all dieser Zeit haben die Musiker garantiert noch nie eine schlechte Show abgeliefert. In der Olympiahalle laufen sie auf Hochtouren auf, bieten eine gelungene Setlist von „Fight Em Til You Can’t“ bis „Indians“ dar und werden sichtlich gefeiert. Dafür, dass sie die kommerziell kleinste Band der „Big 4“ sind, beweisen sie live jedes Mal, dass sie ihre Kollegen maßlos an die Wand spielen – auch Slayer. Chapeu!
Setlist: Caught In A Mosh / Got The Time (Joe Jackson Cover) / I Am The Law / Be All, End All / Fight Em Til You Can’t / Antisocial (Trust Cover) / Indians
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Den dritten und letzten Support-Part haben die amerikanischen Metal-Heroen von Lamb Of God inne. Zuletzt haben die Herrschaften, auf deren Banner „pure american metal“ zwischen Rosenkranz und Munition prangt, der bayerischen Landeshauptstadt 2012 einen Besuch abgestattet, ihre Tour 2015 wurde nach dem Paris-Attentat abgesagt. Die beiden Songs im Programm aus ihrem letzten Album, „512“ und „Engage The Machine“, hört man nun also zum ersten Mal. Leider sind die äußerst motivierten Musiker geplagt von einem recht matschigen Sound und zusätzlich einer recht blassen Setlist – erst zum Schluss hin kommt wirklich Stimmung auf, „Blacken The Cursed Sun“ und „Laid To Rest“ bringen Band und Publikum in Bewegungslaune. Absoluter Höhepunkt: „Redneck“ als Abschluss. So einen großen Moshpit bekommt anschließend nicht einmal der Headliner hin. Bitte bald wieder kommen – aber dann solo und mit treibender Liederauswahl!
Setlist: Omerta / Ruin / Walk With Me In Hell / Now You’ve Got Something To Die For / 512 / Engage The Machine / Blacken The Cursed Sun / Laid To Rest / Redneck
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Sehnsüchtig erwartet lichtet sich um 21:25 Uhr die Halle – es ist soweit, Slayer betreten die Bühne. Der Lautstärke-Pegel im Publikum steigt massiv, gleich zu Beginn wollen Fans und Verehrer der Band ihrer Jugend, ihres Metal-Daseins, vielleicht sogar ihres Ursprungs die Bewunderung und Begeisterung zurufen, die sie den Herren auf der Bühne zuteil werden lassen. „Repentless“ antworten die Schwermetaller, und direkt dahinter „Blood Red“ und „Disciple“. Allgemein gleicht die gesamte Musikfolge einer perfekt ausgeklügelten Best-Of-Setlist – auf Dauerbrenner wie „Dead Skin Mask“ und „Postmortem“ muss man genauso wenig verzichten wie auf exklusivere Songs, beispielweise „When The Stillness Comes“. Und ja, spätestens im Zugabenblock kommt dann auch „South Of Heaven“ und „Raining Blood“ – und natürlich die „SLAAAAAYEEEEEER“-Rufe.
Slayer – das ist sowieso mehr als eine Band. Eine wahre Marke, ein Produkt, ein Mysterium, aber auch Musik. Allein dieser unbändige Kult-Status führt wohl dazu, dass sie die Olympiahalle fast ausverkaufen – und natürlich die Tatsache der Abschiedstour. Ein Grund, wieso noch einmal ordentlich aufgefahren wird: beachtliche Bühnenrequisiten, mehrere beeindruckende Banner, die via Schwarzlicht funktionieren, und eine Feuershow, die ihresgleichen sucht. Teilweise kommen die Feuerfontänen in derselben Geschwindigkeit wie der shredderneden Gitarre geschossen – ein mächtiges Bild. Natürlich darf das vielleicht wichtigste Motiv des Metals nicht fehlen: das umgedrehte Kreuz, Inbild des Antichrists. Tatsächlich erscheint auch das beidseitig von der Bühne in Feuerform. Eine Kreativität, die man Slayer kaum zugetraut hätte.
Die Performance der Band selbst ist glatt und wenig persönlich. Zu drei Ansagen lässt sich Frontmann Tom Araya hinreißen, wenig auf den Abschied bezogen und auch allgemein äußerst kurz und aussagelos, nur am Ende wird er emotional. Aber Slayer sind nun einmal nicht gekommen, um mit Worten zu gehen, sondern mit einer ordentlichen Portion Thrash Metal. Im Zusammenspiel mit der großen Produktion funktioniert das auch wunderbar, das 85-minütige Konzert ist trotz der recht gleichklingenden Lieder nicht ermüdend. Ein würdiger und äußerst lautstarker Abschied einer Kult-Band, deren Name noch viele Jahrzehnte überdauern dürfte.
Setlist: Repentless / Blood Red / Disciple / Mandatory Suicide / Hate Worldwide / War Ensemble / Jihad / When The Stillness Comes / Postmortem / Black Magic / Payback / Seasons In The Abyss / Dittohead / Dead Skin Mask / Hell Awaits – Zugaben: South Of Heaven / Raining Blood / Chemical Warfare / Angel Of Death
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Bericht: Ludwig Stadler
Fotos: Ronja Bierbaum