Sing That Song – Guano Apes im Backstage Werk (Konzertbericht)

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Sie sind wieder in der Stadt: Guano Apes. Die Band rund um Frontfrau Sandra Nasić ist in den letzten Jahrzehnten zu einer der größten im europäischen Raum geworden – ein Dauerbrenner für mitreißende Musik aus Deutschland. Hits wie „Open Your Eyes“ sind eben auch Jahre später noch mitreißend – sogar genau 20 Jahre später, denn exakt das war der Anlass der Tour. Am 8. Oktober 2017 im Backstage Werk läutete man an einem etwas regnerischen Sonntag einen vielversprechenden Konzertabend ein.

Pünktlich um 20 Uhr gingen die Lichter aus und – Dennis Poschwatta, Drummer der Guano Apes, betrat die Bühne. Tatsächlich sagte er im Namen der Band Hallo, bedankte sich für das zahlreiche Erscheinen und kündigte persönlich die Support-Band, die Alex Mofa Gang, an. Diese kamen direkt anschließend auf die Bühne und legten ohne jegliches Intro direkt mit dem Smasher „Mehr! Mehr! Mehr!“ los. Ihr neuestes Album „Perspektiven“ erschien erst zwei Tage vor dem Konzert und doch wurden bereits im Großteil Stücke daraus präsentiert, u.a. das folgende „S.O.S.“ und die Single „Montevideo“. In rasender Geschwindigkeit wurden Mid-Tempo- und Speed-Tempo-Song gewechselt und die Spielzeit von 35 Minuten damit in eben solcher Schnelle beendet. Mit kurzen Sing-A-Longs und einer mehr oder minder erfolgreichen Stagediving-Einlage ging das Münchner Publikum für einen Sonntag bei einer Vorband verhältnismäßig gut mit, sodass die Musiker absolut berechtigt mit großem Applaus entlassen wurden, nachdem „Unser Haus“ das Set komplettierte.

Setlist: Mehr! Mehr! Mehr! / S.O.S. / Die Reise zum Mittelmaß der Erde / Nimm die Beine in die Hand / AC/DC / Roboter / Montevideo / Unser Haus

© Mischa Lorenz

Die folgende Pause sollte sich doch recht lange hinziehen, denn etwa um 21:10 Uhr gingen abermals die Lichter aus und das Bühnenbild wurde im Dunkeln enthüllt. Alsbald stürmten die Guano Apes die Bühne, ohne Intro und Tamtam, sondern direkt im Spiel des Openers „Maria“. Das Publikum sah berechtigt verdutzt auf die Bühne, da man gerade einmal die halbe Bühne nutzte, nachdem der Banner inmitten der Bühne stand. Davor hatte man ein kleines Drumset aufgebaut und nebenan einen Sessel hingestellt, in dem es sich Sängerin Sandra bequem machte und den ersten Song durchgehend darin saß. Die Aufklärung sollte aber bald folgen: dieses Szenario sollte den Bandraum darstellen, „Maria“ war damals der erste Song, den sie gemeinsam gespielt hatten. Nach „We Use The Pain“ wurde diese nette Konstruktion aber gebrochen, das kleine Set wurde abgebaut, der Sessel weggestellt und die Aufstellbanner zur Seite geschoben – dahinter verbarg sich das zu erwartende große Set und damit das übliche Bühnenbild.

Guckt man sich auf Youtube ein paar Live-Mitschnitte der Band an, gehen darunter die Meinungen der Fans und Zuseher massiv auseinander. Viele werfen Nasić vor, nicht mehr singen zu können und nur noch gelegentlich irgendwelche Noten zu treffen. Diese Behauptung muss hierbei endlich unbedingt widerlegt werden: die Gesangsleistung der Frontfrau ist absolut stark und durchgehend sowohl pointiert als auch treffsicher. Genauso wie die Instrumentals nicht 1:1 die Album-Versionen sind, so singt Nasić auch ein wenig freier und bastelt manchmal neue Variationen in die Lieder, ohne, dass es störend wird. Dass sie es immer noch wie damals kann, ist vor allem beim Song „Rain“, der in einer Neuauflage gespielt wird, hörbar. Ein ganz mächtiger Moment des Abends.

Das Backstage Werk war selten so brechend voll wie an diesem Abend – ein Altersquerschnitt von unter 18 Jahren bis weit über 60 Jahren war anwesend, der Großteil dürfte etwa bei 40 Jahren gelegen haben – alles Fans, die zur größten Zeit der Band in ihren 20ern waren. Letztendlich ist auch das Tourmotto damit verknüpft: das erste Album „Proud Like A God“ feiert 20-jähriges Jubiläum. Hierzu erschien auch am 6. Oktober die Jubiläums-Edition des Albums – neben dem neu gemischten Original-Album gibt es hier drauf vor allem neu arrangierte und aufgenommene Versionen von einigen Liedern, sowie drei exklusive Cover-Versionen im eigenen Stil. Zwei der Covers, nämlich „Lose Yourself“ von Eminem und „Precious“ von Depeche Mode, wurden auch live sehr eindrucksvoll dargeboten, ebenso fast alle 2017er-Neuauflagen, sodass zwangsläufig fast der gesamte erste Silberling gespielt wurde. Raritäten wie „Maria“ (das aber in der Originalfassung) und „Suzie“ standen das erste Mal seit 18 Jahren wieder auf der Setlist, die neuen Versionen brachten oft frischen Wind in die zwar noch nicht verstaubten, aber doch schon verjährten Songs – allen voran „Crossing The Deadline“ tat diese Erfrischungskur bestens.

An der Setlist gibt es insgesamt fast nichts auszusetzen. Nachdem anfangs größtenteils die Lieder aus dem ersten Album abgedeckt wurden, neben Abstechern wie „You Can’t Stop Me“ und „Quietly“, ging es gegen Ende des regulären Blocks zu neueren Stücken wie „Sunday Lover“ und „Fake“. Als Zugabe erwarteten einen einige Überraschungen: neben „Sing That Song“, einem fantastischen Lied des dritten Longplayers, wurde „Trompeter“, ein undefinierbares, wenngleich auch sehr mitreißendes Instrumental, gespielt. Als danach der letzte Song angekündigt wurde, war allen klar, dass nun „Lords Of The Boards“ kommen wird, wie es seit gefühlt den Anfangstagen schon so ist, dass der Song am Ende eines jeden Konzertabends kommt. Stattdessen wurde „Oh What A Night“, eine impulsive Rocknummer des vorletzten Album „Bel Air“ (2011), in die Set aufgenommen, welcher auch wirklich das Konzert nach rund 95 Minuten abschließen und nicht anschließend zur Wiederaufnahme führen sollte. Tatsächlich, und das war fast schon ein Ereignis, wurde damit der vielleicht größte Hit der Band, für viele sicher auch ein Kaufgrund des eher teuren Tickets, einfach weggelassen – zudem das Lied ebenso auf dem ersten Album prangt, welches hier gefeiert wurde. So wurde, trotz lautstarker Publikumsrufe nach „Lords Of The Boards“, das Licht angemacht und das Publikum leider verständlicherweise ein wenig verwirrt nach Hause geschickt.

Setlist: Maria / We Use The Pain / Rain 2017 / Lose Yourself (Eminem Cover) / You Can’t Stop Me / Crossing The Deadline 2017 / Open Your Eyes / Suzie 2017 / Never Born 2017 / Quietly / Precious (Depeche Mode Cover) / Pretty In Scarlet / Sunday Lover / FakeZugabe 1: Sing That Song / Big In Japan (Alphaville Cover) – Zugabe 2: Trompeter (Instrumental) / Oh What A Night

Fazit: Alex Mofa Gang wussten, was sie tun und sie taten es mit Herzblut und sehr überzeugend. Guano Apes lieferten eine überragende Performance mit einer schönen Setlist ab, führten einige recht lustige Unterhaltungen auf der Bühne und brachten das Backstage Werk durchgehend zum Brodeln. Ein kleiner Dämpfer: einer ihrer größten Hits, „Lords Of The Boards“, fehlte erstmals seit Hunderten von Konzerten in der Setlist, zudem das Lied am Tour-Vorgängerkonzert noch gespielt wurde. Das muss man wohl nicht recht verstehen, den Abend und insbesondere das Konzert selbst beeinträchtigt es aber kaum, denn alle Besucher bekamen exakt das, was sie wollten: eine fantastische Rock-Show.

Bericht: Ludwig Stadler

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