„Wir haben Seeed zu tun und ihr habt Seeed im Magen!“
Ganze 7,5 Jahre ist es mittlerweile her, dass die international erfolgreiche Formation Seeed die Münchner Landen besucht hat, damals mit ihrem Selftitled, das Hits wie „Augenbling“ und „Molotov“ beinhaltet. Nun haben sich Peter Fox und Dellé wieder zusammengeschlossen, um neues Material zu produzieren, was in Form von „BAM BAM“ am 4. Oktober das Licht der Welt erblickte. Bereits 1,5 Jahre zuvor startete der Vorverkauf für eine neue Tour, die nun, im Herbst 2019, endlich stattfindet – bedauerlicherweise ohne das mittlerweile verstorbene Dritte E, Demba. Am 29. Oktober ist nun dennoch der Auftakt für insgesamt drei (!) ausverkaufte Konzerte in der Olympiahalle.
Zuvor darf aber erst einmal Rapperin Nura um 20 Uhr den Abend eröffnen. Die eine Hälfte des ehemaligen Frauen-Rap-Duos SXTN hat sich mittlerweile als Solo-Rapperin einen Namen gemacht – so sehr, dass sie nun mit dem Song „Sie is geladen“ auf dem neuen Seeed-Album mit der Kombo kollaboriert. Ihr 25-minütiger Auftritt lässt aber eher Fragezeichen übrig – letztendlich klingen die Tonspuren schon arg nach Playback, die Performance ist lustlos, die Setlist eigenartigerweise ohne die Hits „Fortnite“ und „Was ich meine“. Dennoch: die Lieder kommen an, die Menge applaudiert dankbar und entlässt die Künstlerin nach einer Remix-Version von „Chaya“ von der Bühne, wenngleich der Song kurz davor schon gespielt wurde.
Setlist: Laut / Chaya / Sativa / Radio / Habibi/ Frischfleisch (SXTN song) / Chaya (Remix)
Um 21:05 Uhr gehen die Lichter für den finalen Schlag aus: Seeed in Form von zwölf Musikern, Fox und Dellé betreten die Bühne, bestehend aus dem üblichen Instrumenten-Setting und drei großen, mit weißen Tüchern abgehängten Türmen. Die ersten Songs „Ticket“ und „Lass sie gehen“, die, konzertpsychologisch ungewöhnlich, sehr ruhig sind, erhalten so den Fokus voll auf die Musik – bevor zu „Lass das Licht an“ die Verkleidungen fallen und der Blick auf große Monitore freigegeben wird, natürlich ganz Seeed-mäßig in Form von Bass-Subwoofer. Kein Wunder, denn Lieder wie „Augenbling“, „G€LD“ und „Dancehall Caballeros“ wummern nur so vor Dancehall und basslastigen-Lines und bringen die Olympiahalle – nicht nur den Stehbereich! – fleißig zum Tanzen und Ausrasten. Allgemein stehen die Sitzplätze nicht nur ab dem ersten Song, auch die rappelvolle Steharena bleibt nicht konstant am Platz – abschließend zu „Seeeds Haus“ hüpft die Menge von Links nach Rechts und wieder zurück, natürlich gemeinsam mit der Band, die es perfekt choreografiert vormacht.
Diese perfekte Choreografie ist allerdings ein zweischneidiges Schwert. Einerseits ist die Optik absolut begeisternd und wunderbar anzusehen, vermittelt auch den Eindruck von einer durchdachten, hochwertigen Show; andererseits geht dadurch immens viel von Authentizität und Persönlichkeit verloren. „München, lange her. Ihr seht immer noch so gut aus wie früher“, ist so ziemlich die einzige Ansage von Peter Fox, die nicht allzu inszeniert klingt, ansonsten ist die Show ein Produkt – ein perfektes, ein gefälliges, aber kein individuelles. Würde man das Konzert am ebenso ausverkauften 30. Oktober oder, etwas später, am 27. November besuchen, man würde wohl kaum einen Unterschied bemerken. Nichtsdestotrotz bleibt fraglos eine ausgeglichene Setlist, die aus musikalischer Sicht stark vorgetragen wird – inklusive einiger Peter Fox-Solo-Klassiker, die sichtlich begeistert angenommen werden. Nach rund 100 Minuten verabschieden sich die Berliner mit „Aufstehn!“ – dieses Mal aber nicht für 7,5 Jahre, sondern nur bis zum Folgetag. Oder eben bis in den November.
Setlist: Ticket / Lass sie gehen / Wonderful Life (Black cover) / Lass das Licht an / Augenbling / Molotov / Schwinger / Komm in mein Haus / Love & Courvoisier / G€LD / Waiting / Waterpumpee / Dancehall Caballeros / Sie is geladen (mit Nura) / You & I / Schwarz zu Blau (Peter Fox song) / Schüttel deinen Speck (Peter Fox song) / Same Jam / Miss Audrey (mit „Alles Neu“-Snippet) / Music Monks / Ding / Seeeds Haus – Zugaben: Immer bei Dir / Dickes B / Aufstehn!
Bericht: Ludwig Stadler