Push The Button – Marc Rebillet in der Tollwood Musik-Arena (Bericht)
Ein Live-Konzert, bei dem circa 95% der Performance im Moment improvisiert werden, ist wahrlich eine Rarität. Doch darin liegt das Markenzeichen des amerikanische Musikers Marc Rebillet. Mit verschiedensten Bass-Sounds und elektronischen Beats heizt er die Masse förmlich an. Der sogenannte „Loop Daddy“ war am 15. Juli 2025 in der Musik-Arena des Tollwood-Festivals zu Gast und versetzte das Publikum in beinahe ekstatische Zustände. Was auf der Bühne geschieht, ist dabei immer radikal unvorhersehbar – und gerade deshalb so elektrisierend.
Unterstützung zum Anheizen hat er sich dabei in der italienischen Schweiz gesucht und den Musiker Valentino Vivace als Vorband eingeladen. Dessen 70er- und 80er-Jahre-Disco-Stil in italienischer Sprache versetzt das Publikum sofort in die passende Tanzlaune – das perfekte Disco-Warmup also für die späteren frenetischen Moves zu Rebillets Elektro-Sounds. Auch Outfit-technisch stehen sich die beiden in nichts nach: Valentino Vivace mit Vokuhila-Frisur und glänzender Schlaghose und Marc Rebillet wie immer mit so gut wie nichts: den Morgenmantel hat er dieses Mal daheim gelassen, die Boxershorts reichen zum Auftritt auf dem Münchner Tollwood-Festival.

Denn wer ihn vorher noch nicht gekannt hat, lernt ihn definitiv an diesem Abend von seiner verrücktesten und wildesten Seite kennen. Seine Show lebt von Interaktionen mit dem Publikum – nicht nur einmal verlässt er die Bühne, um die vorderen Reihen der Zuschauer*innen zu begrüßen und Plakate zu bewundern. Dabei erhält er dann doch noch zwei Morgenmäntel mit seinem Gesicht bedruckt, mit denen er auf der Bühne weiter performt. Zwei Zuschauer*innen dürfen zu ihm nach oben kommen und sich einen Song wünschen und der Rest des Publikums kann immer wieder mitentscheiden, welcher Bass-Sound für die nächste Improvisation eigentlich der Beste ist.
Gerade diese Spontanität macht ein Konzert von Marc Rebillet so einzigartig. Als musikalischer Alleinunterhalter ohne festes Setlist-Korsett reagiert er intuitiv auf das Publikum – und formt aus dessen Energie seine Show. Dass man dabei auf nicht sehr viele seiner bekannten Spotify- oder YouTube-Veröffentlichungen hoffen kann, gehört zum Konzept: Rebillet lebt für das Live-Erlebnis, das freie Erfinden im Hier und Jetzt. In aufeinander aufbauenden, hypnotisch wiederholten Loops kreiert er aus dem Nichts ganze Tracks – Schicht für Schicht, bis schließlich der Drop alles zum Explodieren bringt. Und das Publikum? Eskaliert vor Begeisterung. So sehr, dass zwei Besucher*innen in einem Moment kollektiver Euphorie kurzerhand die Traverse der Lichttechnik erklimmen – ein impulsives Schauspiel, das zwar für Staunen sorgte, aber keinesfalls zur Nachahmung empfohlen ist.
Ja, die Zuschauer*innen scheinen in der Gegenwart Marc Rebillets schier die Kontrolle zu verlieren. Liegt es an den elektronischen Looping-Sounds, die uns in eine Art Trance versetzen? Oder an seiner exzentrischen, unberechenbaren Art, die uns schier anzustecken scheint. Egal, was es ist – einen Abend mit dem „Loop Daddy“ vergisst man ganz sicher nicht mehr so schnell.
Bericht: Rebecca Raitz

