Nach ihrem Debüt in der Landeshauptstadt beim „Under The Black Moon“ vor einigen Jahren wussten die meisten noch nicht wirklich etwas anzufangen mit der Nachfolgeband von The Oath. Diese hatten sich direkt in die Szene katapultiert und hatten ihren Stand mit einer lukrativen Tour mit Ghost eigentlich auch schon gefestigt, doch dann kam überraschend die Trennung. Mit Lucifer wollte Johanna Sadonis, Frontfrau der Band, diesen Erfolg wiederholen, doch irgendwie wollte der Funke bisher nicht ganz überspringen. Jetzt starteten sie mit einem stark veränderten LineUp den nächsten Versuch. Wie das Ganze am 18. Oktober 2018 aussah, erfahrt ihr hier:
Auf dem Weg zum Backstage fällt eines auf: Sämtliche Parkplätze sind voll und es ist verdammt viel los. Eigentlich verspricht das schon einmal einen spannenden Konzertabend, wenn diese Massen nicht ausschließlich für das Tarja & Stratovarius-Konzert nebenan angepilgert wären.
Bei Lucifer in der Halle sieht es da leider etwas anders aus. Als die Vorgruppe Blood Of The Sun den ersten Ton spielt kann man die Zuschauer binnen weniger Sekunden abzählen, es sind um die 20. Dass es etwas ambitioniert ist, die Occult-Rocker in die Backstage Halle zu stecken, war im Vorfeld klar, doch das ist dann doch traurig. Auch mit den Tischen und dem Tarnvorhang als Füllelemente ist es nicht mehr als ein Tropfen auf dem heißen Stein. Die Band lässt sich davon nicht wirklich beeindrucken, man merkt aber, dass sie sich deutlich mehr erhofft hatten. Fast eine Stunde dürfen die Hard Rocker ran, ihre Kombination aus Hammond Orgel und knackigen Riffs ist auch wirklich eine Wucht, wäre da nicht der Sound. Die Orgel klingt eher nach einem Kinder-Keyboard und die Gitarren sind ein einziger Matsch – dabei geben sie sich solche Mühe. Im Verlauf des Sets merkt man immer mehr, wie sich eine kleine Prise Unmut unter den sechs Musikern breit macht, dennoch geben sie bis zum Schluss ordentlich Gas und können zumindest für sich mit gutem Gewissen die Bühne freimachen.
Ein wenig Vorgeplänkel vor dem Auftritt muss sein, denn Lucifer sind ein doch sehr spannendes Projekt. Mit ihrem ersten Werk „Lucifer I“ waren sie auf dem Backstage-Indoor-Festival „Under The Black Moon“ zu Gast und haben sich dort, mit Verlaub, nicht gerade mit Ruhm bekleckert. Es war für viele einer der exklusivsten Acts damals und sie konnten live nicht mit den Erwartungen mithalten. Seither hatten sie sich in der Gegend recht rar gemacht und sind nun auch nach ordentlichen Besetzungswechseln mit dem Nachfolgewerk erstmals wieder in München. Als es dann endlich losgeht, merkt man vor allem eins: Die geringe Zuschauerzahl macht ihnen wirklich gar nichts aus. Authentische Fransenlederjacken und ein Ganzkörpersuit, man fühlt sich wie auf einem Konzert der Urväter (oder Urmütter) von Coven. Wenigstens zollen die Fans jetzt etwas mehr Respekt und bewegen sich zögerlich aber bestimmt in Richtung Bühne.
Gerade für den Mann an den Drums ist eigentlich eine deutlich größere Besucherzahl zu erwarten, sein Hauptprojekt The Hellacopters ist wahrscheinlich das Band-intern Größte. Für die Anwesenden ist es auf jeden Fall ein grandioser Abend, denn präsentiert wird eine bunte Mischung der beiden Eigenwerke plus zwei Cover: „Dancing With Mr D“ von den Rolling Stones und „Take Me Away (Together As One)“ von Paul Stanley. Im Vergleich zu ihrem ersten Auftritt hier ist es ein Unterschied wie Tag und Nacht, denn der Besetzungswechsel ist sehr deutlich spürbar und zwar ausschließlich positiv. Frontfrau Johanna trifft ihre Töne fast ausnahmslos und hat den übertriebenen Esoterik-Hippie Bühnenstil gegen ein schüchtern-verspieltes Auftreten mit mehr Charme und weniger Gestik eingetauscht. Auch für die nun etwas über 50 Besucher wird hier nicht vom Gas gegangen, volles Programm und nette Ansagen der einzigen Deutschen in der Band lassen es mehr wirken wie ein Wohnzimmerkonzert. Die Gitarren harmonieren, der Bass dröhnt doomig durch den Raum und die Drums treiben um ein vielfaches mehr als noch ein paar Jahre zuvor.
Setlist: Faux Pharao / Abracadabra / Eyes In The Sky / Dreamer / Phoenix / Dancing With Mr. D (The Rolling Stones Cover) / Aton / Purple Pyramid / Morning Star / Take Me Away (Paul Stanley Cover) / Reaper On Your Heels – Zugaben: Anubis / Before The Sun / California Son
Alles in Allem ist es ein grandioses Konzert, entgegen der Erwartung entsprechend des letzten Mals, allerdings zeigt es hier, wie auch beim Coven-Konzert dieses Jahr, mehr als deutlich auf, wie sehr diese Musikrichtung langsam in der Versenkung verschwindet. Jeder, der mit Psychedelic, Occult, Doom und Desert Rock etwas anfangen kann, hat hier schlichtweg etwas verpasst. Große Klasse, die leider viel zu wenig Aufmerksamkeit bekommt.
Bericht: Luka Schwarzlose