Sommer, Sonne, JD McPherson – könnte es besser sein? Nein, wahrlich nicht, deshalb ist bereits die Anfahrt zum Konzert am Montagabend, 20. August 2018, in der Backstage Halle ein Vergnügen. Erstmals ist JD McPherson in München zu Gast und das macht sich bezahlt: rappelvoll ist die Halle bei Konzertbeginn, kaum mehr ein Durchlaufen möglich, die Bar ist unter Dauerbeschuss. All das zeigt: der Classic Blues-Rock’n’Roller wurde sehnsüchtig in Bayerns Landeshauptstadt erwartet, selbst im Sommer pilgern die Fans aus Nah und Fern in die im Laufe der Zeit ordentlich heiß werdende Halle, um den treibenden Rhythmen zu lauschen.
Zu Beginn schleicht sich aber erst einmal still und heimlich Big Joe Louis auf die Bühne. Nur mit Gitarre bepackt beginnt er zu spielen, erst leise und sanft – bis er plötzlich ans Mikro tritt. Was dann aus den Boxen tönt, klingt schier unglaublich. Drei British Blues Awards hat er als „best vocalist“ gewonnen, und wer der Stimme einmal zuhören durfte, versteht auch gleich, wieso. Mit kräftiger, dunkler, aber auch zärtlich-rauer Stimmgewalt gibt er seine ruhigen Blues-Songs zum Besten und wird nach jedem Song absolut zurecht fleißig beklatscht. Während der Lieder schwindet die Aufmerksamkeit leider ein wenig, fast zu ruhig ist die Musik, etwas zu sehr als hübsche Hintergrundmelodien wird das wahrgenommen, was da durch den Saal schallt. Das wird dem fantastischen Musiker, der sich auch ein wenig an der deutschen Sprache versucht (und das recht erfolgreich!), nicht gerecht, denn der gesamte Auftritt, der etwa um 20:45 Uhr sein Ende findet, sucht vor allem stimmlich im Blues seinesgleichen.
Es wirkt fast unmöglich, aber der wohl einzige Musiker, der dieses Geschehen im gleichen Genre noch einmal toppen kann, ist exakt der, der folgt: JD McPherson und seine Band. Ohne Intro-Spielereien und lange Ansagen legt die Formation sofort mit „Desperate Love“ los und setzt gleich zu Beginn mit dem wuchtigen Sound ein Statement: basslastig, laut und vor allem die perfekte Übertragung der Musik der Platten. Der hübsch produzierte Retro-Sound wird teilweise mit Stimm-Effekten übernommen, aber größtenteils von einer viel kräftigeren, wuchtigeren Soundwand abgelöst, die jeden Sound um ein vielfaches rockiger, einfach mitreißender werden lassen. Selbst wer einfach nur den hübschen Melodien lauschen will, bekommt nun ein Feuerwerk an Spiellaune und überragendem Musikgut serviert.
„Der Kerl ist der Hammer“, das hört man immer mal wieder im begeisterten Publikum, das mindestens mitwippt, meist aber sogar einen Schritt weiter geht, nämlich: mittanzt. Und damit ist nicht so eine blöde Phrase gemeint, die schräge Indie-Bands immer benutzen, wenn sie brüllen: „Hallo [füge Stadt ein], singt und tanzt mit uns“ und das dann letztendlich maximal in spackigen Bewegungen, aber meistens nicht einmal in Mitklatschen mündet; nein, hier ist waschechter Paartanz gemeint, eine flotte Rock’n’Roll-Sohle, der an mehreren Orten der Halle einmal hingelegt wird. Wieso auch nicht, Songs wie „Let The Good Times Roll“ laden nun einmal perfekt dazu ein, sodass auch bei genanntem Song spontan zwei Paare nebeneinander anfangen zu tanzen und sich ihre Partner austauschen. Und wie gucken sie dabei? Glücklich. Wahnsinnig glücklich.
80 Minuten schießt McPherson seine Lieder im Dauerfeuer gen Publikum. Vom aktuellsten Werk „Undivided Heart & Soul“ natürlich am meisten, aber auch die ältesten Werke der Diskografie wie „Fire Bug“ und „Country Boy“ fehlen beim Münchner Live-Einstand nicht. Die fünfköpfige ist da flexibel und sowieso schon dermaßen eingespielt, manchmal wechselt sogar der zweite Gitarrist zum Saxophon, der Bassist vom E-Bass zum klassischen Kontrabass. Nur McPherson selbst bleibt von der Saiteninstrument-Fraktion seiner Gitarre treu – und seiner Stimme. Die ist am Konzerttag in Bestform und klingt sogar noch einen ordentlichen Schub besser als auf den Aufnahmen. Hach, der gesamte Abend steht in bester Art und Weise, einen Pokal überreicht zu bekommen, darin die Aufschrift: „Bestes Konzert im Sommerloch 2018“. Sollte jemand allen Ernstes an einer saisonbedingten Hitzedepression leiden, ist diese nach dem Konzertbesuch vorbei, denn wie kann man den Abend auch anders beschreiben als mit einem Songtitel von JD McPherson selbst: „I Can’t Complain“.
Setlist: Desperate Love / Crying’s Just A Thing You Do / Fire Bug / I Can’t Complain / Under The Spell Of City Lights / Head Over Heels / On The Lips / Hunting For Sugar / Country Boy / Bossy / You Must Have Met Little Caroline? / Mother Of Lies / Undivided Heart & Soul / Lucky Penny / Let The Good Times Roll – Zugaben: Bloodhound Rock / Wolf Teeth / Abigail Blue / North Side Gal
Bericht: Ludwig Stadler