Dirty Black Summer – Danzig in der TonHalle (Konzertbericht)

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Glenn Danzig gilt als lebende Legende. Als Mitgründer der Misfits hat er eine ganze Ära geprägt und ist auf seinem Weg doch nie stehen geblieben, sondern hat sich immer weiterentwickelt; ob das nun gut oder schlecht ist, kann nur subjektiv beantwortet werden. Am Freitag, 10. August 2018, gastierte der Miterfinder des Horror Punk in der Tonhalle München und was der Altrocker noch zu bieten hat, erfahrt ihr hier.

Schon zu Beginn gibt es einen massiven Stich in das Journalistenherz, denn Danzig verbieten jegliche Form der Fotografie, sowohl per Handy als auch per Spiegelreflex, daher musste unser Fotograf leider zuhause bleiben. Die Tonhalle ist gespickt mit Hinweisen auf das Fotoverbot, das in den USA bei den Misfits-Reunion-Shows schon mit dauerhaft verschlossenen Handyhüllen forciert wurde. Wie gut das geklappt hat, zeigten die Mengen an zerstörten Handyboxen, die am Ende der Konzerte den Hallenboden schmückten. Aber zurück zum Wesentlichen: Stoned Jesus, die ukrainischen Desert Rock/Stoner Doom-Durchstarter, spielen den Anheizer. Wirklich gelingen tut ihnen das zunächst nicht, denn das Publikum weiß mit den einlullenden Stonerwalzen nicht wirklich etwas anzufangen; zugegeben, die Kombination warf im Vorfeld des Konzertes doch einige Fragen auf. Nach zwei Songs motivieren sie immer größere Teile des Publikums zum Headbangen und ernten immer mehr Applaus – zurecht. Eine solide Performance, gepaart mit einem minimalen Schuss Humor und jeder Menge Selbstvertrauen geben eine tolle, sympathische Mischung ab. Wer sich musikalisch zwischen Hard Rock und Doom Metal sieht, sollte diese Band auf jeden Fall auf dem Zettel haben. Die nächste Gelegenheit, sich vom Können dieser Truppe zu überzeugen, gibt es übrigens schon am 17. September im Hansa 39 Feierwerk in München.
Einmal mehr finden die Hallenverantwortlichen den Schalter für die Lüftung nicht, denn es wird nach üblicher Tonhallen-Manier immer wärmer und stickiger. Die überall hängenden, auffällig silber glänzenden Belüftungsschläuche dienen wohl nur der Dekoration. Den meisten ist das vollkommen gleich, denn jetzt sind sie warmgespielt und gleich ist es Zeit für den Hauptact des Abends…sollte man meinen.

Nach über einer Stunde Umbauzeit, von der die Bühne bereits eine halbe Stunde bereit für die Show ist, beginnen die ersten Fans zu pfeifen und rufen ungeduldig nach Danzig. Die Stimmung schon wieder etwas abnehmend, gehen endlich die Lichter aus und die Band betritt die Bühne. Glenn Danzig hat sich über die Jahre eine wirklich toll besetzte Band zusammengestellt: Steve Zing am Bass, Johnny Kelly, ehemals Type-O-Negative und Black Label Society, am Schlagzeug und der Prong-Chef Tommy Victor an der Gitarre. Leider hört man am Anfang im Großteil der Halle auch nur die Band, den Glenn selbst hat über die letzten Jahrzehnte stimmlich deutlich eingebüßt und hat offensichtlich vergessen, sich warm zu singen. Über die ersten drei Songs wird er zwar etwas lauter, aber lauter bedeutet leider auch im Hard Rock / Metal-Bereich nicht zwingend besser. Die Töne trifft er nur bedingt, die klassischen Klischee Rockstar-Posen dafür wie eine Eins. Nun wissen wir, warum er keine Fotografen in der Halle duldet, denn ein wenig peinlich sieht das manchmal schon aus. Dennoch steigt die Stimmung in der mittlerweile sehr gut gefüllten Tonhalle mit jedem Song weiter und auch Danzig scheint sich endlich eingesungen zu haben. Der Beginn eines starken Konzertes deutet sich an, wären da nicht Danzigs kleine Helfer, die mit grell blinkenden Taschenlampen das Fotoverbot forcieren – oder dies zumindest versuchen. Das Einzige, was ihnen damit allerdings gelingt, ist, das Konzert massiv zu stören und die wirklich coole Bühnenbeleuchtung komplett zu sabotieren. Es geht sogar so weit, dass sie sich mit Allgewalt durch das Publikum drängen, um einzelne Fotografierer zu verwarnen.

Hier MUSS ein persönlicher und natürlich sehr subjektiver Gedanke einfließen, denn es stellt wirklich den nervigsten Punkt des ansonsten soliden Konzertes dar. Schon bei Manowar durfte ich über ein solches Taschenlampen schwingendes Securityteam berichten, auch damals absolut nicht zur Freude des Publikums. Fotografieren einzuschränken ist im 21ten Jahrhundert gerade auf Konzerten oftmals mehr als nachvollziehbar, aber die Umsetzung in diesem Fall ein Reinfall. Klar nervt es, wenn der Vordermann konstant am Filmen ist oder ständig Fotos mit Blitz macht, aber meist ist es hier mit einem kurzen Antippen getan, denn die meisten wissen nicht, dass sie mit ihrem Verhalten anderen die Sicht versperren oder empfinden es als nicht so schlimm. Es ist auch nachvollziehbar, dass der Künstler keine vollständigen Videos auf Youtube sehen will, immerhin sollen die Leute ja aufs Konzert gehen, um es selbst zu erleben. Was hier allerdings komplett außer Acht gelassen wird, ist die Tatsache, dass jeder Besucher hier doch eine gute Summe bezahlt hat, um dem Konzert beizuwohnen, und das sollte auch beinhalten, dass man einmal ein Erinnerungsfoto schießen darf. Das äußerst rücksichtslose Verhalten der Danzig-Crew war hier nicht nur absolut wirkungslos, etwa wie ein Tropfen auf den heißen Stein, sondern auch etwas peinlich und absolut störend, gerade für die Leute, die keine Fotos machen und eigentlich nur das Konzert genießen wollen.

Genug der Schmach, zurück zum Geschehen: Danzig fliegen regelrecht durch ihr Set, wenige Ansagen, fast schon unangenehm viele Pinch-Harmonics und ein Glenn Danzig, der, kurz nachdem er seine Stimme in den Griff bekommen hat, schon wieder heiser ist. Offensichtlich ist ihm das wankelmütige deutsche Wetter nicht gut bekommen, denn gesund klingt er nicht. Dem Publikum ist das alles vollkommen egal, die Stimmung ist erstaunlich gut und die Besucher textsicher und euphorisch. Nach nicht einmal einer Stunde erklingt schon der letzte Song vor der Zugabe, auf den viele der „Classic-Rock“-Besucher sehnsüchtig gewartet haben: „Mother“. Sehr zum Leidwesen der etlichen Misfits-Shirt-tragenden Gästen bedeutet das auch, dass er die Misfits-Songs, wie erwartet, auch in München nicht zum Besten gibt, sondern es bei einem reinen Danzig-Set belässt, Schade. Nach 75 Minuten inklusive Zugabe ist auch schon Schluss, ein wenig kurz, aber gemessen an dem Tempo, das vorgelegt wurde, nachvollziehbar. Das Publikum ist sichtlich zufrieden und das ist ja letztendlich das, worauf es ankommt.

Das Fazit lässt sich nicht wirklich eindeutig fällen, ein gelungenes Konzert, auf das man allerdings mit ein wenig gemischten Gefühlen zurückblicken muss. Besser geht immer, schlechter natürlich auch, aber Danzig haben mit Sicherheit schon deutlich mehr abgeliefert als an diesem Abend, an dem die Fans mehr geglänzt haben als die Legende selbst.

Bericht: Luka Schwarzlose