Kalt ist es an diesem Samstag, den 17. November 2018. And a dark wind blows, fühlt man sich bemüßigt, unheilvoll hinzuzufügen. Besser, als sich dem Pre-Sale-Glühwein zu überantworten, ist es sicherlich, sein Gesäß in die Höhe und anschließend ins Feierwerk zu bugsieren, um sich dort von Brant Bjork eine Wundertüte voll sonniger Stonerrock-Unterhaltung anstecken zu lassen: Was that fun?, wird er am Ende seines Auftritts (halb) rhetorisch fragen. And who doesn’t want to have fun?! Wohl deduziert, Wüsten-Sokrates! Ihr wolltet beste Unterhaltung, ihr habt sie bekommen. Cool? Cool.
Doch ehe es ans Eingemachte geht, geht es um acht Uhr erst einmal back to the sixties – und nach Dänemark. Denn das ist die Heimat von The Sonic Dawn. In mehr oder weniger authentischer Retro-Verkleidung entert das Trio die Bühne und liefert eine Dreiviertel Stunde: eher zahmen Psychedelic-Rock, der sich nur manchmal zu ein wenig Volumen aufraffen kann. Bei recht laschem Sound vermitteln die drei Herren, von denen allein Gitarrist und Sänger Emil Bureau eine über Konzentration hinausgehende Spielfreude zeigt, den Eindruck einer typischen skandinavischen Nachbau-Band, die Stilrichtungen, die in ungefährlicher zeitlicher Ferne entstanden sind, historisch informiert und technisch einwandfrei reproduziert. Nichtsdestotrotz können sich die Kopenhagener über kräftigen Applaus freuen, als sie sich um kurz vor neun verabschieden und den vorbereitenden Maßnahmen zum Auftritt Brant Bjorks Raum geben.
Eine halbe Stunde später: Die erste positive Wahrnehmung stellt sich schon nach den ersten Sekunden Musik ein. Brant und seiner Mannschaft ist ein Sound zuteil geworden, den auch eine Techdeath-Band nicht von der Bettkante stoßen würde. Und die weitere, nachhaltigere Wirkung dieser Truppe lässt nicht lange auf sich warten: Bjork, nimmt Big Lebowski-haft die Bühnenmitte ein, seine drei Compadres gruppieren sich im Hintergrund. Er verzichtet jedoch auf praktisch jede Ansprache, sieht nur manchmal gerade zu kindlich lächelnd seinen Fingern dabei zu, wie sie der Gitarre repetitive, knochentrockene Riffs entlocken, die beweisen, dass man auch in diesem, vermeintlich tot-gerittenem Genre einen eigenen Stil behaupten kann, ohne die elaboriertesten Konzepte ersinnen zu müssen. Klar, es ist weniger der einzelne Song, der heraussticht, sondern mehr die schwergewichtig-geschmeidige Lässigkeit der Musik insgesamt, die nach und nach angenehm zu Kopfe steigt.
Dennoch kann Bjorks Oberklasse-Stonerrock durch Gastsänger Sean Wheeler, bekannt als Frontman von Throw Rag, noch gewinnen. Zunächst wirkt der Mann in seiner Totengräber-Kluft etwas überflüssig als Backing-Sänger Bjorks. Als dieser sich zu “Pretty Hairy” ganz aufs Gitarrespielen konzentriert, beweist sich jedoch, dass Wheeler sehr wohl einige Daseinsberechtigung auf dieser Bühne hat. Sein bluesiger, halb spokenword-predigerhafter Vortrag bringt eine ganz neue Note ein und setzt unerwartet starke Akzente auf diesen Auftritt, der ohne sein Zutun schon mehr als solide gewesen wäre. Man fragt sich nur, warum Bjork nicht öfter auf Wheeler zurückgegriffen hat, immerhin kam dieser erst zur zweiten Halbzeit zum Einsatz und nach dem sehr gelungenen “Nation of Indica” ist auch schon das Ende der regulären Spielzeit erreicht. Brant Bjork und seine Band kommen – ohne Sean Wheeler – zur euphorisch begrüßten Doppelzugabe “Lazy Bones / Automatic Fantastic” und “Low Desert Punk” zurück. See you next time, verabschiedet sich der Dude und hinterlässt ein sichtlich zufriedenes Publikum im Hansa 39.
Setlist: Humble Pie / Swagger & Sway / Controllers Destroyed / Too Many Chiefs… Not Enough Indians / Stackt / Let the Truth Be Known / Mankind Woman / Stokely Up Now / Chocolatize / Biker No. 2 / Pretty Hairy / Somebody / Nation of Indica – Zugabe: Lazy Bones-Automatic Fantastic / Low Desert Punk
Bericht: Tobias Jehle