Blauer Ballon – Berq im Backstage Werk (Bericht)

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Jedes Jahr gibt es in der deutschen Musikszene Künstler*innen oder Bands, die ihren Weg nach oben schaffen und beachtlich durchstarten. Fast schon kometenhaft ist das Berq gelungen. Der Wahl-Berliner ist im Indie-Pop ein Soundtüftler, der wohl derzeit seinesgleichen sucht. Mit „Rote Flaggen“ gelang ein waschechter Hit, untermauert durch TikTok und Auftritte beim ZDF Magazin Royale. Der Erfolg verselbstständigte sich, sein Debütalbum „berq“ stieg auf Platz 2 der deutschen Album-Charts ein. Seine Tour – binnen Minuten ausverkauft. Die Zusatzkonzerte: ebenso. Sogar die großen Open-Air-Konzerte 2025 sind bereits voll, u.a. die Tollwood Musik-Arena. Umso erwartungsvoller also der Besuch seines Konzerts am 15. Dezember 2024 im Backstage Werk.

Als Support dabei ist die Berlinerin CEREN. Ihr Merkmal sind Indie-Pop-Songs mit deutsch-türkischen Lyrics, die unlängst erste Bekanntheit durch TikTok und allgemein die sozialen Netzwerke gefunden haben. Von ihren englischen Anfängen hört man in ihren rund 30-minütigen Auftritt zwar nichts, dafür allerlei unveröffentlichte Stücke wie „mich verlierst“ und ihre neuesten Veröffentlichungen wie „Dünya“. Zwar bestreitet sie erstmals einen Auftritt gänzlich alleine, ohne ihre Schwester am DJ-Pult, wie sie erzählt, bringt aber souverän das Publikum zum Mitmachen und bei ihrem „Back To Black“-Cover auch zum Mitsingen. Ein zielgruppengerechter Support-Act, zurecht mit viel Applaus belohnt.

© Felix Aaron

Um 21 Uhr verdunkelt sich das Werk ein weiteres Mal, um die vier Musiker*innen und schlussendlich auch Berq in einem etwas zu theatralischen Intro anzukündigen. „Heimweg“, wie auch beim Album, startet die Liederreise des Abends, die logischerweise fast das gesamte Debütalbum beinhaltet, aber auch die Singles aus dem Vorjahr wie „Echo“, „Tourrettes“ oder Lieder aus seiner EP, so auch „2 Minuten“ und selbstredend als Konzertabschluss „Rote Flaggen“. Bis dahin sind es rund 80 Minuten, die er stets von Gitarre und Bass, oftmals auch von Cello, Klavier und Violine begleitet wird. Die Begleitinstrumente wechseln sich ab, was dazu führt, dass reichlich Instrumentierung auch vom Band kommt – so auch meistens das Klavier, obwohl eines selten benutzt auf der Bühne steht. Dass Berq in dieser Größenordnung nicht die Anzahl an Musiker*innen mitnehmen kann, um seinen Sound würdig live umzusetzen, mag einleuchten, aber die auffallend starke Nutzung von Backing-Tracks, auch im (Hintergrund-)Gesang, ist oft wirklich störend, beispielsweise im eigentlich sehr emotionalen „Blauer Ballon“, den er zudem inmitten der Halle sitzend performt, allerdings in seiner eigenen Soundkulisse stimmlich untergeht.

Unerwartet sind dafür die wirklich humorvollen und sympathischen Ansagen von Felix Dautzenberg, wie der Künstler bürgerlich heißt. Natürlich steht das im Kontrast zu den sonst gern sehr düsteren Songs, aber wenn er von der erfolglosen Tischplatzsuche in München an einem Sonntag erzählt, weil er mit seinem Vater „Weißwürstchen“ essen wollte, dann kichert das Publikum fleißig. Sonst sei er gar nicht so in Plauderlaune, beteuert er, reiht aber eine Anekdote an die nächste. Zwischendrin gibt es allerlei Zwischenrufe („Ich will ein Kind von dir“ – „Wir haben heute ein paar Pöbel dabei“) und vor allem: Geschenke. Ununterbrochen wird Dautzenberg von seinen sehr jungen und größtenteils weiblichen Fans mit Gimmicks beworfen: Blumensträuße, T-Shirts, Vergissmeinnicht-Caps, Freundschaftsbändchen. Sogar sein Gitarrist Vincent bekommt ein Shirt zu seinem Solo in „Echo“ gewidmet. Überaus große Passion und starkes Fandom zeichnet das Gen-Z-Publikum aus, was hier klar sichtbar wird. Berq gefällt’s: Er bedankt sich ehrlich glücklich über den Abend und bleibt sogar noch einige Minuten nach der Verabschiedung redend auf der Bühne.

Setlist: Heimweg / Licht geht aus / 2 Minuten / Träumen / Schleierkraut / Still / Wenn du weinst / Alleine / Vergissmeinnicht / Im Winter / Blauer Ballon / Einmal verliebt / Tourrettes / Echo / Mein Hass tritt dir die Haustür einZugaben: Achilles / Pirouetten / Rote Flaggen

Bericht: Ludwig Stadler

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