The Unspoiled – Esben and the Witch im Ampere (Konzertbericht)

Quelle: http://esbenandthewitch.co.uk/Mensch? – Nein. Hund? – Nein. Wolf! Sehr richtig. Unterbrecht also eure Hobbes-Lektüre und bewegt euch ins Ampere, am 11. Februar 2019, Esben and the Witch zum melancholischen Mond-Ansingen einluden. Unterstützt wird das Trio von Nyos, das sind zwei energetische Finnen, Schlagzeug, hundertgesichtige Gitarre, kein Gesang.

Pünktlich um acht beginnt das Duo zu spielen, vor einem ordentlich gefüllten Ampere. Zwei-Mann-Bands sehen sich oft genug dem Vorwurf ausgesetzt, live nicht das liefern zu können, was auf Platte vorgelegt wurde, und auch Nyos tun sich recht schwer, die Aufmerksamkeit dauerhaft am Leben zu erhalten. Allerdings scheint es hier weniger um verlustbehaftete Live-Umsetzung zu tun zu sein, denn um strukturelle Probleme. Denn Gitarrist Tom Brooke, der die Töne seiner Gitarre durch Orgelsynthesizer jagt, loopt und geradezu ekstatisch auf den komplizierten Rhythmen seines Komplizen Tuomas Kainulainen reitet, tut alles, um Nyos‘ flirrenden Noiserock weit über eindimensionales Riffing zu erheben. Dennoch wirkt die Musik der Finnen etwas etüdenhaft, das Repetieren von an sich nichtssagenden Tonfolgen wird alsbald stumpf.

Neun Uhr ist es, da Esben and the Witch die Bühne betreten, vor einem gemischten Publikum, das das Grenzgängertum der Band zwischen Indierock und den anklingenden düsteren Gefilden extremen Metals widerspiegelt. Das Trio startet mit „Dull Gret“ vom neuen Album Nowhere“, bietet aber eine erstaunlich ausgewogene Setlist, die auch die beiden ersten Alben zur Sprache kommen lässt. Vor allem die Stücke der letzten drei Alben, neben „Nowhere“ also „Older Terrors“ und „A New Nature“, bilden ein homogenes Ganzes, was man Esben and the Witch als fehlende Weiterentwicklung auslegen kann, was sich aber live bestens zum Eintauchen eignet. Augenschließen ist erlaubt, zumal auf der Bühne nichts Dramatisches passiert. Obwohl ihre Musik oftmals intensiv, emotional, aggressiv ist, üben sich Rachel Davies (Gesang, Bass) und Thomas Fisher (Gitarre) in gespannter Beherrschtheit, die andererseits auch nichts mit zur Schau getragener Ernsthaftigkeit zu tun hat. Auf seltsame und fast ungewohnte Weise findet sich hier das Auftreten der Musiker gelöst nicht nur von vielen herkömmlichen Weisen der Selbstdarstellung, sondern auch von der Musik selbst.

Nach dem intensiven Finale aus (dem unvermeidlichen) „No Dog“ und „The Jungle“ kehren Esben and The Witch zur Zugabe, bestehend aus „Smashed to Pieces in the Still of the Night“, zurück und bieten damit nicht nur einen tollen Song aus ihrem Back-Katalog dar, sondern holen auch die bisher oft ausgesparte Dramatik wieder ein. Beglückt, befriedigt kann man denn hinaustreten in das mistige Februarwetter – mit dem kleinen, verhaltenen Wunsch, Esben and the Witch möchten einmal das Versprechen, das ihren Songs innewohnt, einlösen, sie in Swans-Manier live aufbrechen und das destruktive Licht herausscheinen lassen, das sich gegenwärtig mehr erahnen als sehen/hören lässt.

Setlist: Dull Gret / Dig Your Fingers In / Making the Heart of a Serpent / Golden Purifier / Darkness (I Too Am Here) / Marching Song / The Unspoiled / No Dog / The Jungle – Zugabe: Smashed to Pieces in the Still of the Night