Pungent Stench gelten bis heute als eine der ersten und wichtigsten Death-Metal Ensembles aus dem deutschsprachigen Raum. Die Österreicher sind vor allem bekannt durch ihren morbiden Humor und den doch etwas fragwürdigen Umgang mit dem Thema Tod, gepaart mit Death Metal-Rhythmen, die bis heute ihresgleichen suchen. Nach mehreren Auflösungen und Reunions der Band wollte es Sänger und Gitarrist Martin Schirenc mit komplett neuem Band-LineUp noch einmal angehen. Mit dem 2007 aufgenommenen, aber 2018 erst erschienen Album „Smut Kingdom“ im Gepäck war „Schirenc plays Pungent Stench“ am Freitag im Backstage Club in München.
Gerade Death-Metal-Bands neigen dazu, sich immer viele Vorbands mit auf Tour zu nehmen, was nicht immer nur gut ist. Oftmals steht man sich zu eintönigen Blast-Beats die Beine in den Bauch und hat zum Hauptact dann schon viel an Motivation verloren, während dieser dann nur ein kurzes Set spielt, weil die meisten Clubs ja gerade bei Konzerten gewisse zeitliche Einschränkungen haben. Glücklicherweise ist an diesem Abend das exakte Gegenteil der Fall, denn mit Irdorath, Theotoxin und Carnation sind drei wirklich hochkarätige Death-Metal Bands mit von der Partie. Irdorath machen den Anfang und heizen dem bisher noch mäßig gefüllten Club ordentlich ein. Mit düsteren Outfits und stimmigem Sound auf jeden Fall ein würdiger Opener und sicherlich eine Band, die man noch öfter auf größeren Bühnen sehen wird.
Setlist: Devoured By Greed / Sale Of Indulgence / God Raped / Liar / The Curse That Haunts The Earth / Undead Christ
Selbiges gilt auch für Theotoxin: Zwar noch sehr unbekannt, aber dadurch nicht zu beirren. Der Club wird langsam etwas voller und von Langeweile bisher keine Spur. Mit angemessener Spielzeit dürfen die Landesgenossen von Pungent Stench auch zeigen, was sie können. Musikalisch geht das ganze schon fast in eine Blackened-Richtung mit klaren Einflüssen von Bands wie Belphegor, wenn auch nicht ganz so radikal. Jedenfalls sind die Wiener mehr als sehenswert und tragen ihren Teil zu der Death-Mischung des Abends bei.
Setlist: Yersinia Pestis / Deus Impostor / Apokatastasis / Chant Of Hybris / Hexenflug und Teufelspakt / Stillstand
Die große Überraschung sind Carnation, denn die Belgier hatten wahrscheinlich die Wenigsten auf dem Schirm. Vor einem mittlerweile doch gut gefüllten Club liefern sie einen wirklich starken Death Metal ab, den man von einer so jungen und doch eher unscheinbaren Band definitiv nicht erwartet hätte. Erst wirkt das Outfit des Sängers stark übertrieben (mit Red-Skull-mäßiger Gesichtsbemalung und umgehängten Ketten betritt er die Bühne), doch als die Band komplett loslegt, ist wirklich jeglicher Zweifel im wahrsten Sinne des Wortes davongefegt. Eine richtige Produktion legen Carnation da an den Tag, inklusive Rauchsäulen und ziemlich teurem Equipment. Man merkt: hier steckt Leidenschaft und Herzblut dahinter, auch wenn sie optisch noch nicht ganz ins Bild passen – aber was nicht ist, kann ja bekanntlich werden.
Setlist: The Whisperer / Hellfire / Plaguebreeder / Hatred Unleashed / Disciples Of Bloodlust / Sermon Of The Dead / Necromancer / Chapel Of Abhorrence / Fathomless Depths
Und schon stehen Schirenc’s Pungent Stench bereit, die Zeit ist wie im Fluge vergangen. Der große Nachteil von übereifrigen Vorbands ist immer der, dass sie einen möglicherweise an die Wand spielen, wie schon Iron Maiden im Vorprogramm von KISS. Musikalisch ist das hier nicht der Fall, aber die Show von Pungent Stench wirkt gegen das, was zuvor auf die Bretter gelegt wurde, fast schon abgespeckt. Glücklicherweise kommt es beim Death Metal nicht auf Produktion, sondern auf musikalische Leistung an. Mit interessanten Bühnenkostümen wirkt das ganze kaum wie eine Death Metal-Show, auch die schmunzelnden Ansagen von Martin Schirenc wirken fast zu freundlich, aber dafür ist die Musik alles andere als das – eigentlich ein wirklich spannender Kontrast. Wie man bei solchen morbiden und kranken Texten sowie Bildsymbolik so sympathisch wirken kann, ist eine wahre Kunst. Die Setlist zieht sich durch die Geschichte von Pungent Stench und lässt eigentlich keine Wünsche offen, auch die Neuwerke wie „Aztec Holiday“ mögen etwas experimenteller und „entschärfter“ wirken, kommen aber wirklich gut an. Es ist hier fast schon schade, dass direkt davon ausgegangen wird, dass das Publikum eher die älteren Werke sehen will, wo doch das neue Album wirklich viel zu bieten hat und auch entsprechend angenommen wird. Insgesamt ein wirklich starker Auftritt und ein Hauch von Death-Metal-Nostalgie, wenn man das so nennen kann.
Setlist: Fuck Bizarre / Happy Re-Birthday / Aztec Holiday / Suspended Animation / Dead Body Love / Bonesawer / Deadly Medley / True Life / Rip You Without Care / A Small Lunch / Extreme Deformity / Shrunken And Mummified Bitch – Zugaben: Molecular Disembowelment / Blood, Pus And Gastric Juice / Viva La Muerte
Ein Fazit ist an dieser Stelle schnell gezogen: Wer sich als Death-Metal-Fan diese geballte Ladung von feinster Genre-Musik entgehen hat lassen, hat definitiv einiges verpasst. Vier objektiv starke Bands inklusive Pungent Stench, die ihren Platz im Death Metal-Olymp bereits gesichert haben, eine absolute Empfehlung fürs nächste Mal!
Bericht: Luka Schwarzlose