So a Nacht – Spider Murphy Gang in der Olympiahalle

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„What A Feeling“, mit diesem Song aus dem 80er-Jahre Tanzfilm „Flashdance“ könnte man den Abend am 29. Oktober 2017 in der Olympiahalle recht gut beschreiben, denn niemand geringeres als die Kult-Münchner Spider Murphy Gang feierten dort ihr 40-jähriges Bandjubiläum – und was für eins. Denn wer ein übliches Konzert mit den üblichen Hits erwartet hatte, der wurde zwar auch glücklich, bekam aber noch viel, viel mehr…

Bereits auf dem Weg zur Olympiahalle, üblicherweise mit der U3 zum Olympiazentrum, bemerkte man schon den verhältnismäßig höheren Altersdurchschnitt der Besucher; keine Überraschung, hatten die Spiders doch Anfang und Mitte der 80er-Jahre ihre größte Zeit, und natürlich besuchten einige, die damals dabei waren, auch das große Jubiläum ihrer Jugend- und jungen-Erwachsenen-Zeit. Gemischt war es insofern trotzdem, dass bei den rund 11.000 Besuchern Etliche in ihren besten Zwanzigern das Spektakel nicht verpassen wollte, genauso wie die Kinder der damaligen Fans mitgenommen wurden – man wollte ja gleich die Kids in die richtige Musik einführen.

Pünktlich um 19 Uhr ging das Licht aus und der Manager der Band des Abends, Jürgen Thürnau, betrat die Bühne und begrüßte das Publikum kurz mit ein paar Worten, bevor die Musiker selbst, die Spider Murphy Gang in 10-köpfiger Besetzung, die Bühne betraten. Mit dem passenden Opener „Überdosis Rock’n’Roll“ wurde der Abend dementsprechend eröffnet und die Stimmung langsam aufgebaut – langsam deshalb, weil die Besucher, auch die nächsten Lied wie u.a. „Vis-A-Vis“, noch sitzenblieben, was sich schlagartig beim Lied „Mit’n Frosch im Hois und Schwammerl in de Knia“ ändern sollte, als ein Großteil aufstand und mitsang. Frontmann und Bassist Günther Sigl, gemeinsam mit Gitarrist Barney, vorne stehend, sind als Aushängeschild der Band selten motiviert und mit Spaß und Elan dabei – dass die Olympiahalle bereits zum zweiten Mal in Folge annähernd ausverkauft ist, macht sie sichtlich glücklich, zudem das letzte Solo-Konzert der Münchner in ebender Halle 1984 stattfand. Es zeigt auch eine ganz wesentliche Tatsache: die Musik stirbt nicht aus, das Interesse an den Klassikern bleibt bestehen, selbst viele Jahrzehnte später.

Die Stimmung erreichte ihr bisher Spitze beim Lied „Ich grüße alle und den Rest der Welt“, bei dem Sigls Vision, „die ganze Olympiahalle Twist tanzen zu sehen“, tatsächlich wahr wurde. Selbst die hintersten Sitzplatzreihen sprangen auf und bewegten sich fröhlich, die bestuhlte Arena war streckenweise wie ein glückliches, tobendes Tanzfeld. Ein unglaublicher Anblick und sicher einer der größten Momente des Abends.
Mit Claudia Koreck begrüßte man auch den ersten Gast des Abends. Die bayerische Sängern spielte zwei ihrer Hits, „Stadt, Land, Fluß“ und „Fliang“, welche zwar gut, aber verhaltener als bei der Hauptband angenommen wurden. Die beiden Stücke vor der Pause, „Pfüati Gott Elisabeth“ und „Schickeria“ wurden da wesentlich frenetischer gefeiert, bevor es nach rund 75 Minuten in die wohlverdiente Pause ging.

Setlist Part 1: Überdosis Rock’n’Roll / Rock’n’Roll Schuah / Vis-a-Vis / So a Nacht / Mit’n Frosch im Hois und Schwammerl in de Knia / Sommer in der Stadt / Ich grüße alle und den Rest der Welt / Stadt, Land, Fluß (mit Claudia Koreck) / Fliang (mit Claudia Koreck) / Cadillac / Pfüati Gott Elisabeth / Schickeria

Der zweite Part, welcher um 20:45 Uhr begann, sollte sich dann weniger als Konzert der Spider Murphy Gang, sondern mehr als große Show der 80er-Jahre herausstellen, ein NDW-Revival der größten Art, ein einmaliges Erlebnis.

Davon mag anfangs bei der recht entspannten Stimmung im kurzen SMG-Unplugged-Block mit u.a. „Unterm Kastanienbaum“ und „Renate“, noch wenig zu merken sein, doch bereits danach ging das Feuerwerk der Special Guests los. Wer hier den kleinen Button auf dem Plakat überlesen hatte oder nicht so recht Ernst nahm, wurde im folgenden Block mehr als überrascht.
Den Anfang machte Kult-Kabarettist Willy Astor, der Medley von bekannten 80er-Hits auf Senioren umgetextet hat, als kleinen Seitenhieb auf Sigl und Barney, anschließend wurde der sogenannte „Currylandler“ gespielt, ein eindrucksvolles Instrumentalstück von allen drei Akustik-Instrumenten der Musiker auf der Bühne. Eine gelungene und lustige Einlage.
Besonders unerwartet dürfte der nächste Moment kommen: die Kölner Kult-Band Brings übernahm kurzerhand die Bühne der Olympiahalle und zog in unter 10 Minuten und ihren zwei Liedern „Superjeilezick“ und „Kölsche Jung“ eine unfassbare Show ab, die solch eine Stimmung in den Saal brachte, dass die Spiders selbst danach zu kämpfen hatten, so eine Performance zu übertreffen und ähnlich impulsiv weiterzumachen. Tatsächlich gelang das bei „Wer wird denn woana“ und „Ich schau dich an“ einigermaßen, der mitreißende Kurzauftritt von den Kölner blieb aber weiterhin stark eindrucksvoll im Kopf.

Dabei sollte nun erst der größte und mit Abstand beste Part des Abends kommen: die ultimative „Neue Deutsche Welle“-Show, das Wiederaufleben der großen, deutschen 80er-Jahre-Hits. Den Anfang machte Stefan Zauner, Gründungsmitglied und ehemaliger Sänger der Band Münchner Freiheit, welche er aber 2011 verließ – für das Konzert in der Olympiahalle bot er aber den größten Hit der Münchner Popgruppe dar, nämlich „Ohne dich (schlaf ich heut Nacht nicht ein)“. Keiner in der Halle kannte den Megahit nicht, keiner, der nicht lautstark mitsang. Als das Publikum sich wieder Richtung Stuhl begab, sagte Sigl bereits gewitzt: „Ich glaub, ihr braucht euch nicht hinsetzen“. Wie Recht er hatte, denn direkt danach kam Friedel Geratsch, Sänger von Geier Sturzflug, die mit „Bruttosozialprodukt“, einer Coverversion von Geratschs alter Band Dicke Lippe, einen Nummer-Eins-Hit landeten. Eben dieses Lied bot er dar – und bereits nach der ersten Zeile konnte er die Münchner Zuschauer alleine singen lassen. Etwas überraschend kam Geratschs Ansage, dass dieser Auftritt das letzte Mal, dass er diesen Hit auf einer Bühne sang – ein umso besonderer Moment, dass man noch einmal dabei war.
Ohne Pause kam auch Peter Schilling auf die Bühne, der „Major Tom“ mit den Spiders spielte und die Halle abermals zum gefühlten Ausrasten brachte. Gesteigert werden konnte all das nur noch mit einem Lied: „Skandal im Sperrbezirk“. Nach dem Superhit der Münchner gingen sie vorerst von der Bühne, gefolgt von lauten Zugabe-Rufen.

Lang ließen sie auch nicht auf sich warten und begannen, gemeinsam mit der A-Capella-Gruppe Viva Voce, mit einer einzigartigen Version von „Sch-Bum (´s Leb’n is wiar a Traum)“. Langsam aber sicher merkte aber auch das feiernde Publikum, dass es nach „Achterbahn“ und „Herzklopfen“ zu Ende gehen muss, zudem Sigl anschließend alle Gastmusiker auf die Bühne holte, was ein ordentliches Bild von Deutschlands Musik-Helden der 80er-Jahre brachte. Den Abschluss manifestierte also nichts geringeres als das ultimative Statement in Liedform: „Mia san a bayrische Band“. Um 22:40 Uhr, nach knapp zwei Stunden im zweiten Block und insgesamt über 190 (!) Minuten ging das Konzert zu Ende.

Setlist Part 2: Boogie / Johnny B. Goode (Chuck Barry Cover) / Unterm Kastanienbaum / Renate / Senioren-Medley (Willy Astor) / Currylandler (mit Willy Astor) / Superjeilezick (Brings) / Kölsche Jung (Brings) / Wer wird denn woana / Ich schau dich an / Ohne dich (schlaf ich heut Nacht nicht ein) (mit Stefan Zauner) / Bruttosozialprodukt (mit Friedel Geratsch) / Major Tom (mit Peter Schilling) / Skandal im SperrbezirkZugabe: Sch-Bum (´s Leb’n is wiar a Traum) (mit Viva Voce) / Achterbahn / Herzklopfen) / Mia san a bayrische Band

Fazit: Ein atemberaubender Trip, eine unglaubliche Show und soviel mehr als ein übliches Konzert. Auch wenn die Spider Murphy Gang den Großteil ihrer großen Hits gespielt haben und vor allem im ersten Teil größtenteils „nur“ als Band spielten, steigerte sich Part Zwei mit großartigen Special Guests einer ultimativen 80er-Jahre-Revival-Show, eingeschlossen etlicher NDW-Hits, gesungen von den Originalen selbst. Was man hier geboten bekam, war vielleicht das letzte große Konzert für Fans der deutschen Musik von vor 30 Jahren – umso schöner, dabei gewesen zu sein!
Wer das Spektakel übrigens ansehen möchte, dem sei empfohlen bei Servus TV am 31.12. um 20:15 Uhr einzuschalten – dort wird das komplette Konzert übertragen.

Bericht: Ludwig Stadler

Vielen herzlichen Dank an Petra Schönberger von Events For You für die Bereitstellung der Bilder!

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