Love My Life – Robbie Williams im Olympiastadion (Konzertbericht)

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Wenn unzählige Mitvierziger wieder wie kleine Teenager werden und glückselig zu den großen Radio-Hits tanzen, dann weiß man, dass Robbie Williams wieder in der Stadt ist. Am Samstag, den 22. Juli 2017, beehrte der britische Superstar die Münchner im Olympiastadion nach rund vier Jahren wieder mit einem Konzert. Zuletzt in München war er aber erst vor etwas über zwei Wochen, als er seine Mode-Kollektion im Marc O’Polo Store vorstellte, nun kehrt er aber so zurück, wie ihn die Fans haben wollen: als Sänger und Entertainer. Der Einlass, der bereits um 15:30 Uhr begann, funktionierte glatt und reibungslos, der Innenraum füllte sich schnell und konstant.  Die doch recht lange Wartezeit auf den Beginn konnte man sich aber, sowohl in der Arena als auch im Umlauf bei den Stehplätzen, mit einem reichhaltigen Getränke- und Essensangebot vertreiben.

Um kurz vor 19:30 Uhr kamen die Special Guests der Tour, ohne Intro und große Ankündigung, auf die Bühne: Erasure. Die Kult-Briten dürften dem jüngeren Publikum des Abends, das übrigens ordentlich in der Unterzahl war, nicht mehr bekannt sein, dem jubelnden Rest allerdings umso besser. In den 80er- und 90er-Jahren war das Synthie-Duo um Sänger Andy Bell europaweit, teils weltweit, erfolgreich unterwegs und lief überall auf Dauer-Rotation. Das ist natürlich heute nicht mehr der Fall, bekannt sind sie aber weiterhin noch. Bell versucht sich durchgehend an deutschen Ansagen, allerdings merkt man, dass sein Deutsch dann doch schon etwas eingerostet und wenig trainiert ist; was die teils etwas unbeholfenen Ansagen sagen wollen, das weiß man trotzdem jedes Mal. Gemeinsam mit zwei Background-Tänzerinnen und –Sängerinnen spielten sich die beiden Urgesteine quer durch ihre Diskografie und brachten mit „Love You To The Sky“ auch ein neues Lied aus ihrem aktuellen Album „World Be Gone“ mit – dass Frontmann Bell sichtlich aufgeregt aufgrund des Stadion-Konzertes war, sah man auch daran, dass er kurzerhand den Songtitel vergaß; aber das Publikum vergab ihm natürlich sofort. Egal, ob die Hits „Victim Of Love“, „Sometimes“ oder „Love To Hate You“ – der 45 Minuten lange Auftritt verging wie im Flug, das Duo erfüllte den Sinn eines Special Guests als Anheizer mit einer routinierten und soliden Performance bestens.

Setlist: Victim Of Love / Drama! / Love You To The Sky / Oh L’Amour / Chorus / Blue Savannah / Love To Hate You / Sometimes / Stop! / Chaines Of Love / A Little Respect

Die kommende, halbstündige Wartezeit wurde von netten Videoprojektionen überbrückt. Erste Stimmung kam aber erst auf, als der Sitzblock seitlich links von der Bühne zu schreien beginnt: Robbie Williams geht zur Bühne. Kurz danach ging es auch schon in den Eröffnungssample-Song „Lose Yourself“ von Eminem über, bevor das offizielle Intro aus den Boxen schallt. „God Bless Our Robbie“, eine nette Eröffnungshymne zum Mitsingen, textlich ironisch mit allerlei Anspielungen auf die Karriere des Sängers – u.a., dass er es weltweit geschafft habt, nur nicht in den USA. Kreisch-Alarm war aber erst angesagt, als die gesamte Band auf der Bühne war und Williams von unten auf die Bühne hochgefahren kam. Etwas überinszeniert kommt es an, wenn er sich bedeutungsschwer seinen Bademantel abstreift und dann im schrägen Outfit eines Rocks und schwarzen Unterhemds beginnt, „The Heavy Entertainment Show“ zu singen; wahrscheinlich gehörte das aber einfach dazu, sein Ego ist groß, wie er bereits in vielen Interviews beteuerte. Bereits beim zweiten Song, „Let Me Entertain You“, erreichte die Stimmung im Olympiastadion ihren absoluten Höhepunkt, die sich vor allem in einem tanzenden Innenraum und lautstark singenden Publikum zeigte; zu diesem Zeitpunkt stand dann auch noch der letzte von seinem Sitzplatz auf – ruhig sitzen bleiben war schlichtweg nicht mehr möglich.

„My name is Robbie Williams, this is my ass and I wanna hear you!“
Die ersten Worte an das Publikum kommen an, die Audienz grölt. Seinen Allerwertesten zeigt er dann aber bei der Ansage doch zum allerletzten Mal in die Kamera; kein Wunder, es geht ohne Pause weiter mit „Monsoon“, fantastisch mit Regen-Projektionen und einer tollen Performance dargestellt. Die Bühne selbst: ein riesiges Konstrukt mit multimedialen Wänden. Links und rechts ist der verbotene Teil, den keiner der Musiker oder Tänzer je betritt: hier wird kräftig und wenig sparsam mit Feuer und Feuerwerk aufgetrumpft. Auf der Bühne selbst stehen, nebst Williams, seine grandiose Band und unzählige Tänzerinnen und Background-Sängerinnen. Ohne diese wäre es auch etwas trocken geworden: der Frontmann selbst singt längst nicht jedes Wort, große Teile lässt er das Publikum singen, wie bei „Come Undone“. Die Gäste stört es nicht. Wofür hat man denn auch sonst jahrelang die Texte auswendig gelernt? Und sowieso, aus voller Inbrunst mitsingen, während das Idol auf der Bühne steht – was will man mehr?

Gesanglich kann Robbie Williams trotzdem auf voller Linie überzeugen. Beispielsweise bei „Minnie The Moucher“ vom letzten Swing-Album oder beim aktuellen Radio-Hit „Love My Life“, was er auf einer Boxerhand performte, die währenddessen über das Publikum schwebte. Die Ansagen: teilweise komplett auf Deutsch, gespickt von netten Anekdoten und selbstironischen Aussagen. Wenn Williams beispielweise von seinen Kindern erzählt und seine Augen zu glänzen beginnen, muss man einfach mitgrinsen. Oder er sarkastisch kommentiert: „Wusstet ihr eigentlich, dass ich ein großartiger Rapper bin?“ – die Einleitung zu „Rudebox“, den Titelsong zum vielleicht umstrittensten Album des Briten. Live mit einer tollen 8-Bit-Lichtshow aber in jedem Fall mitreißend.

Zwei große Höhepunkte hatte der Abend aber in jedem Fall zu bieten. Der erste Höhepunkt war ein individueller: ein weiblicher Fan durfte zu Robbie auf die Bühne und mit ihm „Somethin‘ Stupid“ theoretisch „singen“. Praktisch hat sie eine Art Maske aufgezogen bekommen und per Stimmverzerrer wurde die Gesangsspur eingespielt. Ein etwas eigenartiger Moment, sowohl für das verlegen lachende Publikum als auch für die etwas verwirrte Verehrerin. Ausgeglichen wurde das aber danach mit einigen Selfies und einer langen Umarmung.
Der zweite Höhepunkt folgte recht nah danach: Williams erzählte von seinem Gesangsidol, das ihn zum Singen brachte – seinem Vater. Dieser kam sogleich auf die Bühne und sang gemeinsam mit Sohn den All-Time-Smasher „Sweet Caroline“, der von den Zuschauern sofort mitgesungen wurde. Ein wenig Oktoberfest-Feeling – nur im Juli, ohne Zelt und mit Robbie Williams und nicht einer x-beliebigen Partyband.

Die Setlist umfasste die üblichen Hits wie „Feel“, „Millenium“ und „Kids“, zusätzlich ein paar Lieblings wie „Monsoon“ und „Freedom“, ein George Michael Cover, welches damals das erste unter seinem Namen veröffentlichte Lied seiner Karriere war. Er widmete es Michael und betitelte ihn ebenfalls als Idol, als jemand, der so war, „wie ich selbst sein wollte“. Unzählige Lieder wie „Bodies“, „Tripping“ und „Candy“, welches immerhin kurz A Cappella angesungen wurde, blieben dabei leider auf der Strecke – u.a. auch aufgrund der etwas mageren Spielzeit. Inklusive den Zugaben „She’s The One“, dem sehnsüchtig erwartetem „Angel“ und dem Cover „My Way“ dauerte das Konzert etwa 100 Minute – fast ein wenig zu kurz für die Anzahl der Hits. Für sein Geld bekam man aber fraglos eine große Show ohne Pause geboten. Eine kleine Zeitreise, ohne nur von Nostalgie zu leben.

Setlist: The Heavy Entertainment Show / Let Me Entertain You / Monsoon / Party Like A Russian / Minnie The Moocher (Cab Calloway Cover) / Freedom (George Michael Cover) / Love My Life / Sing-Along-Medley / Come Undone / Millenium / Somethin‘ Stupid (Carson and Gaile Cover) / Rudebox / Kids / Sweet Caroline (Neil Diamond Cover) / Feel / Rock DJZugabe: She’s The One (World Party Cover) / Angels / My Way (Claude François Cover)

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Fazit: Es war ein großer Abend mit einem großen Konzert: Robbie Williams wusste in voller Linie zu überzeugen und zog das Publikum sprichwörtlich in seinen Bann mit netten Ansagen, unzähligen Mitsing-Möglichkeiten und einer lockeren Performance. Die Hit-lastige Setlist konnte immer noch nicht alle bekannten Lieder abdecken, obwohl sie bereits prall gefüllt war – ein weiteres Zeichen dafür, welchen Status Williams inzwischen erreicht hat, vor allem in Deutschland. Wenn er in einigen Jahren wieder eine Konzertreise gemacht, werden wieder alle kommen. Und wieder werden alle bei „Angels“ und „Feel“ mitsingen. Und wieder werden es alle lieben. Eine Show von Robbie Williams ist ein Garant für gute Unterhaltung – das lässt sich abschließend definitiv sagen.

Bericht: Ludwig
Fotos: Ingo Höchsmann

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