Konzerte,  Sonstiges

Kvitravn – Wardruna im Showpalast München (Bericht)

Einem weißen Raben gleicht das Wetter Ende November in München zwar nicht ganz, eine eisige Kälte hat die bayrische Hauptstadt jedoch zunehmend in ihrem Griff. Der bisher milde deutsche Winter dürfte für die Norweger der Nordic-Folk-Gruppe Wardruna um Sänger Einar Selvik hier wohl kaum ein Problem sein. In ihrer „World Tour II“ verbinden sie ihre einzigartige Musik mit einem besonderen Ritual, das eine besondere Verbindung zur Natur bereithält. Am 28. November 2025 bringen Wardruna ihre besondere Show nun nach München in den ausverkauften Showpalast und spielen damit eins von nur drei Konzerten der Tour in Deutschland.

Wardruna dürfte vielen wohl aus Assassin’s Creed Valhalla und der erfolgreichen Serie Vikings mit der Saga um Ragnar Lothbrok bekannt sein, deren Charakter sie mit starken Liedern grundlegend geprägt haben. Mit wuchtigen Trommeln, die nicht selten dem Schlag des Herzens gleichen, gehen sie an die musikalischen Wurzeln der Wikinger zurück. Gesungen wird in altnordischer Sprache, in der sie unter anderem heidnische Götter, Themen und besonders die Natur thematisieren.

Während sie in ihren ersten Alben noch das Runenalphabet besungen haben, stützen sich die beiden letzten Alben auf die Natur und nehmen mit „Kvitravn“ (2020) den zu Deutsch „Weißen Raben“ in den Fokus, der in der nordischen Mythologie eine besondere Rolle zwischen den Welten spielt. In „Birna“ (2024) wird die mythologische Figur des weiblichen Bären thematisiert. Die Begeisterung für nordische Musik zeigt sich beim Münchner Publikum, das sich bereits im Sommer bei Heilung in der Tollwood Musik-Arena in Schale geworfen hat. Auch an diesem Abend treffen sich Schaman*innen und Wikinger, um das gemeinsame Ritual zu feiern.

© Morten Munthe

Mit Trommeln, altertümlichen Instrumenten und der Video-Projektion eines weißen Raben betreten die sieben Musiker*innen um 20 Uhr die Bühne des Showpalasts und lassen die winterliche Kälte mit starken Gesängen und lauten Trommeln zum Song „Kvitravn“ in Rauch aufgehen. Einar Selvik und Sängerin Lindy-Fay Hella stehen barfuß auf der mit Pflanzen geschmückten Bühne. Ein Abend, der alle Anwesenden in eine vergangene Welt entrückt und der Natur ein Stück näher bringt.

Das Publikum lässt sich ebenfalls schnell von Selviks außergewöhnlicher Stimme mitreißen, wenn auch verhalten, was vielleicht durch die Platzsituation bedingt ist, die ausschließlich aus festen Sitzplätzen besteht und eher den Eindruck eines Kinosaals macht, was in starkem Kontrast zur historischen, naturalen Aufführung steht. Ebenfalls fällt auf, dass das Publikum eben kein Klassik-Publikum ist, das gewohnt ist, bei einem Konzert still zu sitzen und nicht für Getränke und Snacks aufzustehen, was im beengten Saal zu Unruhe führt.

Bei „Heimta Thurs“ ist eine besondere Kraft zu spüren. Die hier besungene dritte Rune des Jüngeren Futhark hat eine magische Bedeutung, die im nun dunkelrot beleuchteten Saal zu spüren ist, während Hella grimmig über die Bühne tanzt. Jedoch finden die neueren Lieder der Gruppe mehr Gefallen beim Publikum, das bei „Grá“ laut zu jubeln beginnt. Ein Highlight des Abends sind zwei große Luren (frühgeschichtliche Naturtrompeten), die eine Länge von fast zwei Metern aufweisen und auf die Schultern gespannt geradezu majestätisch wirken. Störend ist ein Gast, der während der Danksagung von Einar Selvik und seines Aufrufs zu mehr Liebe zu Natur und Einheit der Menschen, laute Jubelrufe ausstößt, die der Sänger jedoch gekonnt ignoriert und das Publikum noch mehr dazu auffordert, zur alten Tradition des gemeinsamen Singens zurückzukehren.

Ohne Vorgruppe vergeht die Zeit wie im Flug. Um 21:45 Uhr versetzt Wardruna mit „Hibjørnen“ den im Lied besungenen Bären und sein Publikum in einen Winterschlaf und verlässt daraufhin dankbar den Saal in die stille der Nacht. Eine Reise zurück zu den Wurzeln und zurück zur Besinnung auf sich selbst und zur Natur bringt kurz vor Weihnachten eine neue Perspektive auf die Staade Zeit.

Setlist: Kvitravn / Hertan / Skugge / Solringen / Heimta Thurs / Raido / Lyfjaberg / Voluspá / Tyr / Isa / Grá / Himinndotter /Birna / Rotlaust Tre Fell / FehuZugaben: Helvegen / Hibjørnen

Bericht: Tamara Fichte

WordPress Cookie Plugin von Real Cookie Banner