Yesterday – Filmkritik

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© Universal Pictures Germany

Regisseur: Danny Boyle

Genre: Drama/Komödie

Produktionsland: Vereinigtes Königreich

Kinostart: 11. Juli 2019

Laufzeit: 1h 57 min

 

Ach, wäre das nicht schön, nur mal für eine Sekunde ein Weltstar zu sein? Eine Rede, ein Film, ein Song. Einmal im Applaus der Menge baden. Oder eben der größte Singersongwriter der Welt zu sein und genauso gefeiert zu sein, wie die Beatles.
Die Beatles? Wer sind denn die Beatles?
Allein bei dieser Frage würde man sein Gegenüber für nicht ganz dicht halten. Denn wer kennt denn bitte nicht die Beatles?!? Genauso erging es dem Hauptprotagonisten Jack Malik in Danny Boyles neuen Film „Yesterday“. Der oscarprämierte Regisseur, bekannt durch Filme wie The beach, Slumdog Millionär oder Steve Jobs, lässt seinen Hauptcharakter in einer Welt ohne Beatles erwachen.

Nach dem Zusammenprall mit einem Bus während eines weltweiten 12-sekündigen Stromausfalls erwacht der erfolglose Musiker Jack (Himesh Patel) mit zwei Zähnen weniger im Krankenhaus. Doch nicht nur diese zwei Zähne sind der Welt abhanden gekommen. Als er seiner Managerin Ellie (Lily James) und seinen Freunden auf seiner brandneuen Gitarre „Yesterday“ vorspielt – denn großartige Geschenke verlangen nach großartigen Songs – loben alle zu Tränen gerührt seinen neuen Song. Sein Song? Yesterday? Einer der berühmtesten Songs aller Zeiten? Auch diverse andere Dinge scheinen wie von Geisterhand aus den Köpfen der Menschheit gelöscht worden zu sein. Jack sieht seine Chance und beginnt die alten Songs aufzuschreiben. Und auf einmal explodiert seine Karriere. Nachdem er von einem erfolgreichen Weltstar entdeckt und nach Los Angeles eingeladen wird, entwickelt er sich zum gefeiertsten Songwriter der Welt. Denn anders als viele aktuelle Sänger schreibt er (vermeintlich) alle seine Songs selbst. Doch das ganze läuft Gefahr aufzufliegen. Denn nicht die ganze Welt scheint die Beatles vergessen zu haben…

© Universal Pictures Germany

Tatsächlich erinnert die Bildkomposition aus Farbe und Schnitt ein bisschen an Slumdog Millionär. Alles ist sehr warm und farbenfroh gehalten, Kostüm und Setting sind liebevoll ausgewählt und den Charakteren auf den Leib geschneidert. Die Kleidung und die Inneneinrichtung ihrer Villa spiegeln beispielsweise perfekt den toughen Charakter der Managerin aus Los Angeles wider, während das jugendliche Zimmer von Jack perfekt zeigt, dass er eben immer noch der kleine Junge ist, der von einer Karriere als Sänger träumt.
Neben diesen liebevollen Details steht aber vor allem die Musik im Mittelpunkt. Während des Films werden zahlreiche berühmte Songs der Beatles zum Besten gegeben, obwohl es durchaus ein paar mehr hätten sein können. Man beginnt ob der wenigen Songs leider nicht, in Nostalgie zu schwelgen.

© Universal Pictures Germany

Der Newcomer Himesh Patel überzeugt. Er mimt den unscheinbaren Musiker sehr passend und vermittelt den Gewissenskonflikt zwischen „Ich möchte das Erbe weitertragen und vielleicht auch ein bisschen ein Star sein“ und „Eigentlich bin ich einfach nur ein Lügner“ doch recht eindrücklich.
Lily James als Ellie ist süß, aber mehr eben auch nicht. Auch das Feuer der kleinen Liebesgeschichte scheint nicht wirklich entflammen zu wollen. Man kauft den beiden die Freundschaftstour tatsächlich mehr ab.
Ein bekannter Weltstar (hier mal noch keine Spoiler) schlüpft in die Rolle seiner selbst. Die Selbstironie der Figur ist durchaus sympathisch, irgendwie scheint diese aber doch nicht ganz hineinzupassen, was vielleicht auch an der fehlenden Chemie zwischen Hauptprotagonist und ihm liegen könnte. Eine wirklich enge Verbindung entsteht nicht.

Fazit: So wirklich überzeugen kann der Streifen in seinen doch langen zwei Stunden nicht. Irgendwie kann er sich nicht entscheiden, ob er nun eine Hommage an die Beatles sein will oder eben doch nur eine nette Story über einen netten Jungen, der am Ende immer noch ganz nett ist. Für erstere ist es tatsächlich etwas wenig musikalischer Input, obwohl der Zuschauer im Trailer definitiv mit diesem Faktor angelockt wird. Deshalb hätte man sich da durchaus etwas mehr wünschen können. Das Ende ist leider mal wieder sehr klischeehaft – eben auf die Tour „Ich bin so ein guter Mensch“ und irgendwie hätte man eher mit einem Boom-Bang-Ende gerechnet und nicht mit einem „All we need is love“, juhu, die Welt ist wieder in Ordnung.

Die einzige „Moral von der Geschicht“ ist vielleicht die Kritik an der aktuellen Musikindustrie anhand der Managerin. Es wird gezeigt, dass Geld eben meist vor Individualität und eigenen Ideen geht. Alles in allem ist es doch recht lahm. Wem heile Welt, schöne Bilder und ein Popstar in Schauspielaktion reichen, kann sich das ganze an einem verregneten Sonntag schon mal geben.

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