Die Profis in Spe – „TKKG – Das Live Hörspiel“ im Deutschen Theater (Kritik)

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Das Publikum ist gut drauf, schon bei der Titelmusik klatschen alle im Takt an diesem Montagabend, 2. Dezember 2019, an dem die Deutschlandtour des Live-Hörspiels in München ist. Etwas verspätet startet der Abend im Deutschen Theater um 19:40 Uhr.

Es sind viele Kinder da und bis die alle sitzen, dauert es seine Zeit. Kein Problem! Es ist ein dankbares Publikum für eine Folge von TKKG, die sich einige wohl nicht auf CD kaufen würden.

© Stefan Hoyer

Ganz grundsätzlich stellt sich die Frage: warum schauen sich Leute ein Live-Hörspiel an? Es gibt schließlich auch Bühnenfassungen und Verfilmungen der bekannten Jungdetektive.
Aus Achtung vor dem Medium! Weil es eben um das Hörspiel, das Hörerlebnis geht! Wer glaubt, die Hörer dieser Unterhaltungsform wären nur Kinder, der irrt. Ob aus Nostalgie oder zur Beruhigung, nebenbei, beim Autofahren oder Bügeln, hören sich Menschen nun schon seit 1981 die Abenteuer von TKKG an. Der Reiz liegt an diesem Abend also auch darin, einmal zu sehen, wer die Menschen hinter den Stimmen sind, mit denen viele Zuschauer oder Zuhörer aufgewachsen sind. Wie sehen Sie aus, wie alt sind die Sprecher von Tim, Karl, Klöschen und Gaby? Manou Lubowski und Sascha Draeger sind schon seit Kindertagen als Sprecher tätig und leihen ihre Stimmen seit Folge eins den Charakteren von Tim und Klößchen. Die Stimme von Gaby wechselte nach dem Tod der Sprecherin Veronika Neugebauer auf Rhea Harder-Vennewald, die auch am Montag in München zu sehen war. Jüngstes Mitglied des Quartettes ist Tobias Diakow, der erst seit wenigen Jahren Karl, den Computer spricht. Außer diesen vier Protagonisten brauchte es nur noch einen Erzähler und vier weitere Figuren, die von nur zwei Sprechern (Luise Lunow und Michael Lott) umgesetzt werden. Da muss die Stimme schon wandelbar sein, um den Hörer glauben zu lassen, es handle sich um verschiedene Personen in der Geschichte Am eindrucksvollsten setzt diese Vielfalt Michael Lott um, der auch als Regisseur wirkte. Er vermag es als Figur des korrupten Polizisten Möller eben so zu überzeugen wie als Erzähler dem man stundenlang zuhören kann. Dabei merkt der Zuhörer nicht einmal, dass es sich hier um den gleichen Sprecher handelt. Zudem spricht er mit großem Elan, was, selbst wenn man die Augen schließt, einen großen Unterschied in der Wirkung macht!

Die Sprecher von Karl, Gaby Klößchen und Tim lassen sofort erkennen, dass sie zwar schauspielerische Erfahrung haben, allerdings schon seit Jahren als Sprecher arbeiten. Am interessantesten ist es wohl, dem Geräuschemacher Peter Sandmann bei seinem Handwerk zuzuschauen! Mit den verschiedensten Hilfsmitteln kann er jede Handlung vom Donnern bis zur Fahrradklingel oder Schritten auf verschiedenen Untergrund akustisch imitieren und so die Handlung wunderbar in Kontext setzen. Wirklich schade ist bei der Live-Fassung allerdings, dass dieses Potenzial nicht vollständig ausgeschöpft wird! Besonders deutlich wird dies, wenn zum Beispiel das Donnern bei Gewitter in einem Moment noch vom handgeschüttelten Donnerblech kommt, im nächsten aber vom Tonband. So muss ich der Zuschauer fragen, welches Geräusch wird hier wirklich live produziert? Der Abend wird seinen Ankündigungen so also nicht vollkommen gerecht. Auch Live-Musik wäre wirklich schön gewesen! Dass die bei einem Stück das durch ganz Deutschland tourt eine Frage der Kosten und des Aufwandes ist, ist natürlich selbstverständlich! Also kein Punktabzug für Musik vom Band. Ebenfalls selbstverständlich ist, dass man nicht zweimal 60 Minuten nur mit Sprechern auf Barhocker an von Mikrofonen füllen kann. Deshalb wird optisch etwas unterstützt zum Beispiel durch Video-Projektionen, Licht-Animationen oder Nebel. Etwas unglücklich ist die Wahl dieser optischen Reize allerdings, wenn die Nebelmaschine das für Sie typische Zischen erzeugt, wenn in der Handlung eigentlich gerade überhaupt kein Zischen gefragt ist. An dieser Stelle hätte man im wagnerschen Sinne das Gesamtkunstwerk mehr im Auge behalten können.

Was für eine Geschichte wird an diesem Abend, an dem die Gesichter und die Schöpfer des Hörspiels einmal zu sehen sind, also erzählt? Es ist sicher nicht das Best of TKKG. Die vier Freunde gehen einem Fall auf den Grund, der erst wie ein Unfall aussieht, sich danach allerdings als Verbrechen herausstellt, es gibt an der Zahl drei Verdächtige, also eine überschaubare Gruppe möchte man meinen. Hinzukommt aber noch der Verdacht, es würde in dem kleinen Dorf spucken. So schafft es diese Geschichte nicht auf die drei verdächtigen wirklich tief einzugehen und springt immer wieder in medias res in die alten Konflikte und der Dorfbewohner, die aber nicht sorgfältig genug eingeführt und vorbereitet wurden. Man hat so das Gefühl, es herrsche durcheinander. Ebenfalls zu kritisieren ist die technische Umsetzung! Das Mikrofon des Geräuschemacher ist beispielsweise war so leise eingestellt, dass man ihn zwar auf der Bühne sieht, wie er euphorisch zwischen verschiedenen Geräten wechselt, man die dazu gehörenden Geräusche aber nicht in adäquater Lautstärke zu hören bekommt. Dieser Mangel schlägt sich natürlich auf die Stimmung der Geschichte nieder! An den spannendsten Stellen, bei Gefahr im Vollzug, herrscht akustisches Chaos.

Nichtsdestotrotz ist das Live-Hörspiel ein schöner Abend und Fans können diese Mängel die Stimmung nicht madig machen – auf keinen Fall! Das Publikum hatte seinen Spaß! Die Sprecher haben einen tollen Job gemacht und die Mängel sind auf Technik und Story zurückzuführen. Fazit: Ein Live-Hörspiel ist eine tolle Idee, TKKG ist so beliebt, dass die Geschichten ganze Hallen füllt. Die Sprecher verbinden Generationen miteinander sodass Andrang herrscht, als es hinterher noch Fotos zu machen gibt. Nur was die Umsetzung angeht, ist die Tour noch etwas Profis in Spe.

Kritik: Jana Taendler