Wenn’s denn sein muss – Oliver Kalkofe im Mathäser Filmpalast (Bericht)

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Spätestens mit den 1980ern begann der Untergang des qualitativen Fernsehens, in den 90ern ist das Schiff bereits untergangen und treibt seitdem tot im Meer umher, immer mal wieder von einer Welle bewegt, aber faktisch: tot. 1994, leider schon zu spät, um irgendwas zu retten, wagte sich ein Mann an das gestrandete Walross Fernsehen: Oliver Kalkofe. Verbesserungsvorschläge sind nicht mehr hilfreich, aber satirisch über die besonders grusligen Perlen des Programms lustig machen, bestenfalls noch mit etwas Konstruktivität? Dieses Konzept fand Gefallen, Anhänger und hält sich (mit einigen Jahren Pause) bis heute mit sagenhaften 25 Jahren erfolgreich im Geschäft – „Kalkofes Mattscheibe“. Allerdings hat das Satire-Urgestein natürlich noch viel mehr zu bieten. Einen ordentlichen Ausschnitt davon gab es am 17. Dezember 2019 im Mathäser Filmpalast.

„Frohes Fest“ nennt sich das schöne Format – und gleich dahinter: „Wenn’s denn sein muss“. Ja, muss es, alle paar Jahre wieder! Zuletzt vorheriges Jahr, kehrt der mollige Neologismen-Herumwerfer für seine Weihnachtsshow zurück. Auf dem Programm: die exklusive Preview des Jahres-Rückblicks „Fresse 2019“ (damit der Ort des Kinos auch gerechtfertigt ist), ein längerer Text über die To-Do-Liste an Weihnachten, etwas Moderation und natürlich das klassische Schrott-Wichteln. Ein buntes Programm, über zwei Stunden Vollgas und selbstredend nicht allzu besinnlich, denn davon gibt es nun in der Weihnachtszeit wahrlich genug Alternativen.

Wenn man sich nun also gegen die weniger attraktiven Alternativen des Weggehens an diesem Dienstag entschieden hat und stattdessen im Mathäser bei Herrn Kalkofe gelandet ist, hat man prinzipiell schon einmal alles richtig gemacht. Im Jahresrückblick besinnt sich der Wahl-Berliner auf Ereignisse, die man wohl nicht besser hätte parodieren können: das Aufeinandertreffen von Lindner und Hasselhoff bei Lanz, diverse AfD- (Höcke-Interview) und Pegida-Videos und (what else) Promi Big Brother. Aber hier halten wir uns zurück, Spoiler tun nicht gut und am 27. Dezember ist das Feuerwerk an zurecht verübter Verballhornung dann auch endlich auf Tele 5 zu sehen. Pointierter da eher der obligatorische Text am Rednerpult, dieses Mal über all die Dinge, die man doch noch erledigen muss, bevor das heilige Fest vor der Tür steht – Aufregen über „Last Christmas“ inklusive. Eine konsequente Überspitzung – denn das ist seit Jahrzehnten Kalkofes Erfolgsrezept. Und natürlich, es funktioniert auch dieses Mal.

Insgeheimes Highlight: das Schrott-Wichteln. Ganze 110 Geschenke (und damit 29 mehr als im Vorjahr!) sind es dieses Mal, immerhin doch eine beachtliche Menge. In drei Abschnitten wird also nun im großen Stil gewichtelt und jeweils untereinander der größtmögliche Blödsinn, den man gezogen hat, betrachtet. Mit dem schönen Geschenk darf man zum Meister selbst, der spontan irgendwas zum abfallreifen Staubfänger kommentiert, den man da gerade bekommen hat. Überraschend schlagfertig schlägt sich Kalkofe durch den Krempel – vom komischen Spiel („Prosecco Night – Das prickelnde Sektspiel“) zum Urinspender aus dem Labor Bamberg bis zur einzigartigen Filmen („Tom Sawyer vs. Zombies“ und „Battlefield Baseball – Ein blutiges Match“ ) ist wahrlich alles dabei. Vielleicht die Spitze: das Buch „Bilder, zu denen Sie nicht masturbieren sollten“. Gut 60 Minuten beschäftigt sich er sich also mit allerlei Krimskrams und das Publikum lacht. Ziel erreicht? Absolut. Mit so einem sympathischen Entertainer wie Oliver Kalkofe und seiner cleveren, interaktiven Vorweihnachtsshow wird jeglicher (schein)heiliger „X-Mas-Special“-Sumpf getoppt. Bestens vorbereitet geht es jetzt also in die Weihnachtstage. Wenn’s denn sein muss…

Bericht: Ludwig Stadler