Anblaggd – Maerzfeld im Backstage Werk (Konzertbericht)

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Not macht bekanntlich erfinderisch. Zwar ist es wieder möglich vor Publikum, bestuhlt und auf Abstand, zu spielen, aber das fühlt sich für die NDH-Metaller von Maerzfeld falsch an. Auf der Bühne große Rockshow, während das Publikum nicht einmal aufstehen darf? Also packen die Franken ihre Stühle aus, tauschen elektrisches Werkzeug durch akustische Saiteninstrumente und holen sich ein Piano dazu. Geboren ist: Anblaggd. Mit einer kleinen EP aus einigen Band-Klassikern, die nun im akustischen Gewand erstrahlen, zieht die Truppe durch die Republik und präsentiert einen ungewöhnlichen, aber freudigen Abend. Am 8. Oktober 2020 stoppen die Herren im Backstage München.

So recht voll ist das Werk leider nicht, da schlägt wohl der Termin unter der Woche und die immer noch währende Corona-Angst zu. Wer allerdings bereits eines der unzähligen Abstandskonzerte im Backstage besucht hat, weiß, dass jegliche Unsicherheit unbegründet ist – der Abstand klappt, die Maskenpflicht wird eingehalten und die Stimmung ist dennoch entspannt. So schlendern die fünf Musiker um 20 Uhr nach und nach auf die Bühne und stimmen in die bandeigene Hymne „Maerzfeld“ ein. Schon hier wird das Credo des Abends deutlich: unplugged, aber dennoch druckvoll. Genauso wuchtig wie in einer üblichen Show der Band hört sich das an, was aus den Boxen wummert, teilweise vergisst man die akustischen Instrumente, wie bei „Meine Lügen kannst du glauben“. Kompromisse mussten in der musikalischen Umsetzung in jedem Fall nicht gemacht werden. Und selbst wenn als Gründungsmitglied letztendlich nur noch Sänger Heli Reißenweber übrig ist – die Musiker harmonieren perfekt untereinander, blödeln in den Ansagen herum und sind schlussendlich perfekt aufeinander eingespielt.

Besonders der Gesangsstimme scheint die Zwangspause gar nicht so schlecht getan zu haben – die Stimmbänder von Reißenweber präsentieren sich in so perfekter Verfassung wie noch nie zuvor. Deutlich wird das immer in den gesanglich spannenden Nummern wie „Stalingrad“ oder „Einer wie alle“ – oder bei einem kurzen Joe Cocker-Tribute. Möglichst originalgetreu wird da auf der Bühne herumgetorkelt, während „You Can Leave Your Hat On“ zum Besten gegeben wird. Doch Maerzfeld lassen sich nicht lumpen und bauen viel mehr Überraschungen ein: von der Michael Jackson-Version von „Virus“ bis zum reinen Piano bei „Schwarzer Schnee“ als Abschluss des Abends. Vor der Zugabe dann eine Freude für alle Rammstein-Fans: „Ohne dich“ in intimer Akustik-Fassung. Das ist natürlich weit mehr als ein übliches Cover: ein Großteil der Band ist Teil von StahlZeit, der wohl größten Rammstein-Coverband der Welt. Wenn Reißenweber also stimmlich ansetzt, kopiert er zwar nicht plump, aber allein die Stimmfarbe lässt schnell eine Parallele zum Original ziehen.

Den endlosen Rammstein-Vorwürfen dürften sich Maerzfeld zwar schon mit den letzten beiden Alben „Ungleich“ und „Zorn“ losgesagt haben, aber allerallerspätestens jetzt ist es wohl unumgänglich. Während die sechs brennenden Herzen aus Berlin sich geschworen haben, niemals einen Unplugged-Auftritt zu spielen, wagen es Maerzfeld mit allerlei verspielten Interpretationen – und begeistern auf ganzer Linie. Wenn die Pandemie eine gute Sache hat, dann dieses Projekt.

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Setlist: Maerzfeld / Schnitter / Zorn / Stalingrad / Es bricht / Menschling / Ungleich / Das Licht / Meine Lügen kannst du glauben / Die Welt reißt auf / You Can Leave Your Hat On (Joe Cocker cover) / Einer wie alle / Ohrblut / Die Sünde lebt / Virus (Der Gast) / Ohne dich (Rammstein cover)Zugaben: Reich / Bittersüß / Schwarzer Schnee

Bericht: Ludwig Stadler
Fotos: Ronja Bierbaum