Mamma Mia Bavaria – Luise Kinseher im Deutschen Theater (Kritik)

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Sonnenschein, klarer Himmel und über 30 Grad – wahrlich, der Sommer ist in der Stadt. Wie passend, dass das Deutsche Theater an diesem Freitag, 31. Juli 2020 offiziell ihre Sommerbühne im Innenhof öffnet. Seit den 80ern habe man es versucht, doch nie geschafft, die Erlaubnis für die Bespielung des Hofes zu erhalten, erzählt Geschäftsführer Werner Steer, nun habe es Corona möglich gemacht. Ein kleiner positiver Aspekt in einer Reihe von Produktionsabsagen seit März. Den Startschuss gibt niemand geringeres als Luise Kinseher, bayerische Kult-Kabarettistin und jahrelang Derbleckerin als „Mama Bavaria“ auf dem Nockherberg. Die Plätze sind fast komplett vollbesetzt, die Atmosphäre inmitten des fantastischen Theater-Baus großartig und das Hygiene- und Sicherheitssystem funktionsfähig. Die Zeichen für einen gelungenen Sommer-Kultur-Abend stehen also bestens.

© Martina Bogdahn

Luise Kinseher selbst startet um kurz nach 20 Uhr als bayernliebende Ehefrau, die ihren Mann sucht. Insgesamt schlüpft sie in zwei ihrer ikonischsten Rollen, nämlich die Mamma Bavaria selbst und die dauerbedudelte Mary von Bavary. Als letztere sind die Lacher des Publikums fast noch aktiver auf ihrer Seite, denn allein die Darstellung der Boazn-Besitzerin, die in Amerika den großen „fame“ hatte, ist urkomisch. Wie sie sich in den „Hubsi“ Aiwanger verliebt habe, schwärmt sie, und wie ihr George Clooney fast schon hinterherrennt. Doch so gut die Geschichten von ihrem Stamm-Stüberl und der Wirtin Elfie funktionieren, so wenig zünden andere Pointen. Ob es an der schwülen Luft, dem etwas zurückhaltenden Publikum oder doch an Kinseher, die von technischen Problemen gebeutelt nicht so ganz bei der Sache zu sein scheint? Wahrscheinlich liegt es wohl an irgendwas dazwischen.

© Deutsches Theater

Besonders stark wird sie aber dann, wenn sie politisch wird – das war immer ihr Steckenpferd und auch in Corona-Zeiten schafft sie, die Politiker in ihren aktuellen Aussagen durch den Kakao zu ziehen, ohne unter die Gürtellinie zu gehen. Selbst musikalisch wird Kinseher aktiv – gleich dreimal stimmt sie ein Lied an und beweist überraschend stimmsicher ihren Humor, auch mit Luigi Denzas „Funiculì, Funiculà“, allerdings mit dem Nonsens-Text der Hot Dogs„Schau hi, da liegt a toter Fisch im Wasser“. Ein Beispiel für die bayerisch-italienische Kunst! Also so ein bisschen.
Etwas plump kommt dagegen ihre Crossover-Spielerei daher, wenn Kinseher als Mary von Bavary über ihren Ex-Freund Wan Tan redet. Auch das folgende Lied ist aus der untersten Schublade der Klischees hervorgebuddelt. Sowas hat eine gestandene und clevere Kabarettistin wie Luise Kinseher wahrlich nicht nötig.

Nach knapp 90 Minuten verabschiedet sich die Mama und entlässt ihre Kinder in die Großstadt. Die Premiere im Innenhof ist mehr als gelungen, die Location überzeugt vollkommen mit ihrem Charme. Ein Besuch beim „Sommer in der Stadt“ im Deutschen Theater ist nur herzlichst zu empfehlen – von Günter Grünwald zu Chris Aron & The Croakers bis Christian Springer mit Ensemble ist allerlei geboten.

Kritik: Ludwig Stadler