Musikalische Gaudi – „Der Schuh des Manitu – Das Musical“ im Deutschen Theater (Kritik)

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Es war ein langer, weiter Weg, bis „Der Schuh des Manitu – Das Musical“ endlich im Deutschen Theater München Premiere feiern konnte. Bereits 2019 auf einer Pressekonferenz angekündigt, sollte im Herbst 2020 Premiere der Eigenproduktion in Kooperation mit dem Salzburger Landestheater sein. Die Proben waren beendet, die Produktion fertig – aber die Politik wollte die benötigten 425 Plätze Kapazität einfach nicht zulassen. Also die bittere Entscheidung: Verlegung für ein Jahr. Dafür durfte am Donnerstag, 14. Oktober 2021, eine Premiere fast wie in alten Zeiten stattfinden: ohne Abstand, ohne Masken, unter der 3Gplus-Regel. Allerlei Münchner Prominenz gesellt sich dazu, wenn das erste Mal der Klappstuhl ausgegraben wird.

© SLT, Anna-Maria-Löffelberger

Der Saal füllt sich schnell, an die Situation hat man sich schnell gewohnt. Auf der Bühne erblickt man bereits zwei Holzkonstruktionen links und rechts, die fleißig für den Auf- und Abstieg im Laufe der Aufführung genutzt werden – sie bilden das Stand-Bühnenbild. Dazu gesellen sich neben einer großen Leinwand im Hintergrund allerlei Kulissen, die von oben herunterkommen und genauso schnell dorthin wieder verschwinden können. Auch die Requisite lässt sich nicht lumpen und bietet ein wahres Feuerwerk an Fahrrad-Pferden, Planwägen und vielem mehr. Die Kostüme orientieren sich, wie zu erwarten, exakt an die Filmvorlange aus dem Jahr 2001 – und genau das macht es auch spaßig, denn auch wenn es doch viele Ergänzungen und kleine Änderungen gibt, letztendlich fühlt man sich sofort wieder in die Blödsinns-Tirade von Michael Bully Herbig hineinversetzt.

© SLT, Anna-Maria-Löffelberger

Natürlich wurde damit auch die Klischee-Flut des Originals übernommen, die fraglos nicht mehr zeitgemäß ist und wohl auch damals schon nicht mehr zeitgemäß war. Sieht man darüber hinweg, bleiben aber eben auch die Wortspiele, die 20 Jahre später nichts an Humor und Genialität verloren haben. Daron Yates als Ranger und Mathias Schlung als Abahachi geben ein gewitztes Blutsbrüder-Paar ab, dass zwar nicht ganz an Herbig und Tramitz rankommt, aber würdig Tribut zollt. Marc Seitz als Winnietouch hat wohl einerseits die dankbarste, aber zugleich die schwierigste Rollen-Interpretation – sie gelingt aber wunderbar, das Publikum applaudiert ihm zu. Auch Hans Neblung als Santa Maria und Fabio Diso als Dimitri geben ihren Rollen das, was die Bühnenversion benötigt, wenngleich die Fußstapfen von Sky Du Mont in der Rolle als Santa Maria fast nicht auszufüllen sind.

Witzig wird es vor allem dann, wenn die Inszenierung weg vom Film geht. Das gelingt, neben unzähligen neuen Liedern, immer wieder mit dem Durchbrechen der vierten Wand – sei es eine Nummer gleich zu Beginn beim Tod von Falscher Hase, bei diversen Umbaupausen oder im Finalsong. Neu und kreativ ist das zwar alles nicht mehr, aber es funktioniert beim Publikum, dass frenetisch jubelnd jeden Seitenhieb aufnimmt und rasend schnell nach Ende der Aufführung stehende Ovationen für Schauspieler*innen und Kreativteam bietet.

© Petra Schönberger

Aber wieso davon ein Musical? Die Frage stellt sich zurecht, ob das nicht das falsche Format für die Bühnenversion des Films ist. Die Antwort bleibt gespalten, denn der beste Stoff für die großen Stimmen oder fesselnden Melodien ist es wirklich nicht. Aber letztendlich: es funktioniert. Und zwar grandios! Die emotionalen, ruhigen Momente bleiben relativ aus, einzig Uschi, grandios gespielt und gesungen von Miriam Neumaier, darf gegen Ende des zweiten Aktes eine Ballade anstimmen. Aber dafür glänzen Ohrwürmer wie „Ich trinke Ouzo, was machst du so?“ und vor allem die Ensemble-Nummern, die mit tollen und fetzigen Choreografien begeistern und mitreißen. Die Neuinszenierung ist wie aus einem Guss und am Ende über zwei Stunde allerbeste Unterhaltung.

Kritik: Ludwig Stadler