9. Oktober 2018: Die angenehme Witterung erlaubt noch einmal herbstliches Sonnenbaden – und auch das feierwerkliche Konzertprogramm: Denn an diesem Dienstag haben sich Deafheaven angekündigt. Der kalifornischen Band, den Archetypen des „Hipster Black Metal“, gelang vor fünf Jahren mit ihrem Album „Sunbather“ der Durchbruch. Auf die 2015er Scheibe „New Bermuda“ folgte nun vor kurzem „Ordinary Corrupt Human Love“. Deafheaven auf Tour gefolgt sind die in allen Genres wildernden Inter Arma, denen alles recht zu sein scheint, wenn es nur farbenprächtig und tonnenschwer ist.
Um 21 Uhr heißt es dann endlich „inter arma enim silent leges“. Sänger Mike Paparo denkt gar nicht daran, in den Passagen, in denen sich Inter Arma in mitunter psychedelische Weiten hinauswagen – Jon Liedtke am Theremin liefert dabei die passenden SciFi-Sounds – bescheiden beiseite zu treten. Stattdessen vermittelt er glaubhaft den Eindruck, von der Musik seiner Band vollkommen mitgerissen zu werden, ehe er getragen von bretternden Riffs schreiend zur Tat schreitet und dabei eine manches Mal fast bedrohliche Intensität entwickelt. Der inzwischen recht vollen Kranhalle gefällt das sichtlich, obwohl Inter Arma weder Easy Listening noch einen Deafheaven-ähnlichen Stil bieten. Doch schließlich lassen sich, sieht man von solchen Oberflächenphänomenen ab, sehr wohl Parallelen zwischen den beiden Bands ausmachen: Sehr lebendiges, spielfreudiges Musizieren vor einem sehr düsteren Hintergrund.
Setlist: The Long Road Home / An Archer in the Emptiness / The Paradise Gallows / Primordial Wound
Inter Arma schließen kurz vor 10, und lange lassen Deafheaven nicht auf sich warten und starten direkt mit „Honeycomb“, das als Single dem neuen Album entnommen wurde, welches logischerweise heute die größte Aufmerksamkeit seitens der Band erfährt. Und nicht nur seitens der Band: Offenbar erfreut sich „Ordinary Corrupt Human Love“ nicht nur bei internationalen Kritikern, sondern auch bei Münchner Konzertgängern großer Beliebtheit. Zunächst noch etwas steifbeinig, erreichen Deafheaven spätestens mit „Sunbather“ Reiseflughöhe und mit „Worthless Animal“ eine geradezu euphorische Lockerheit. Im Zentrum des Geschehens steht Sänger George Clarke wie ein kantiger, aristokratischer Anti-Robert Plant, der eine gesunde Mitte zwischen heiligem (verkrampftem) Ernst und (Nach-) Lässigkeit gefunden hat… Professionalität nennt man das wohl. Professionell geben Deafheaven also ein nicht gerade ausuferndes Set zum Besten, kehren dann jedoch zu einer längeren Zugabe zurück: Nach „You Without End“ und „Glint“ folgt zuletzt der Klassiker „Dream House“.
Sparen wir uns die Fleißarbeit, klarzustellen, dass Deafheaven weder den Gestvs noch das Selbstverständnis einer Black Metal-Band an den Tag legen, sondern lediglich musikalische Stilelemente aus diesem Genre übernehmen, und resümieren, dass dieses Band-Paar genau das versprochen hat, worauf die Namen hoffen ließen: Schönheit, Düsternis in überzeugender Darbietung und ohne aufgesetztes Gehabe.
Setlist: Honeycomb / Canary Yellow / Sunbather / Brought to the Water / Worthless Animal – Zugabe: You Without End / Glint / Dream House